Abgas-Affäre: Fürtherin verklagt VW-Autohaus

23.9.2016, 13:30 Uhr
Abgas-Affäre: Fürtherin verklagt VW-Autohaus

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Natürlich ist die Enttäuschung der Kundin darüber, dass ihr im Dezember 2013 ein Neuwagen im Wert von 15 500 Euro verkauft wurde, der nur auf dem Papier umweltfreundlich ist, groß. Für den Polo besteht ein Leasingvertrag, so ist vor der Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth zu hören, nach drei Jahren könnte die Besitzerin den Wagen zum Restwert zurückgeben - im Dezember wäre es so weit. Doch das genügt der Frau nicht.

Sie verklagt das Autohaus, weil sie Rückabwicklung verlangt: Den Polo mit der manipulierten Software will sie zurückgeben, den Kaufpreis abzüglich Nutzungsersatz erstattet bekommen. Die Begründung: Der Schadstoffausstoß des Wagens liegt deutlich über den offiziellen Herstellerangaben, dies sei ein erheblicher Sachmangel. Eine technische Nachbesserung des Polos lehnt die Fürther Polo-Besitzerin ab. Sie wolle, so sagt deren Rechtsanwältin, "doch nicht die Katze im Sack nehmen".

Es ist der Begriff des Mangels, der in diesem Rechtsstreit eine zentrale Rolle spielt. Deutschlandweit zogen bereits mehrfach private Käufer gegen Autohäuser vor Gericht und verlangten die Rückabwicklung ihrer Kaufverträge - mit unterschiedlichem Erfolg. Dass die betroffenen Fahrzeuge mangelhaft seien, den VW-Kunden Gewährleistungsrechte zustehen, ist aber wohl unstrittig.

Zwei Jahre Zeit

Und im Fall eines Mangels steht Betroffenen zunächst ein Anspruch auf Nacherfüllung zu. Im Klartext: Wer einen kaputten Fernseher kauft, hat das Recht, ihn noch bis zu zwei Jahren nach dem Kauf ins Geschäft zurückzubringen und Reparatur oder wahlweise ein neues Gerät als Ersatz zu verlangen. Dieser Anspruch besteht jedoch nur, wenn der Mangel bereits beim Kauf vorhanden war, auch wenn man ihn möglicherweise noch nicht bemerken konnte.

Diese Gewährleistungsrechte stehen auch den VW-Kunden zu. Der Sachmangel liegt in der aktivierten Manipulationssoftware, der Einsatz solcher Programme ist nach der Fahrzeug-Emissionen-Verordnung unzulässig. Richterin Claudia Degenhard hat bereits durchblicken lassen, dass auch aus ihrer Sicht ein eindeutiger Mangel vorliegt. Dieser sei aber nicht erheblich im rechtlichen Sinn, weil er mit relativ geringem Aufwand abgestellt werden könne. Nur bei erheblichen Mängeln sei eine Rückabwicklung des Kaufs vorgeschrieben.

Der Motor wurde noch nicht getestet

Die VW-Kundin, die selbst nicht vor Gericht erscheint, fürchtet den erschwerten Wiederverkauf des Fahrzeugs. Auf eine technische Nachbesserung will sie sich daher nicht einlassen. Gutachten in Schadstoff-Analysen hätten gezeigt, wie der Rückruf bei anderen VW-Fahrzeugen mit Schummel-Motoren den Spritverbrauch, die Emissionen und die Motorleistung ungünstig beeinflusst habe.

Ob auch der Polo nach einem Software-Update mehr Sprit schlucken würde, ist offen - der betroffene Motor wurde noch nicht getestet. Die Anwältin des beklagten Autohauses bezweifelt, dass der Kundin überhaupt ein Schaden entstanden ist. Bis heute werde der Polo täglich gefahren, die Kfz-Steuer sei für die Halterin nicht gestiegen. Die Klage solle daher abgewiesen werden. Im November soll eine Entscheidung ergehen.

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