Absage an Steiner Ortsumgehung

18.5.2016, 06:00 Uhr
Absage an Steiner Ortsumgehung

© Foto: Hans Winckler

Herr Pfeifenberger, nicht wenige denken bei Stein sofort an Stau. Wäre die Umfahrung nicht ein Befreiungsschlag für die Stadt?

Arno Pfeifenberger: Ich denke, den Steiner wird etwas vorgegaukelt.

Aber wieso? Wenn Fahrzeuge am Kreisel gleich in Richtung Reichelsdorf und Nürnberger Hafen abbiegen, dann belasten sie die Hauptstraße nicht.

Pfeifenberger: Hier lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Ich habe das auf der Internet-Seite des Bundesverkehrsministeriums zum BVWP getan. Selbst im besten Fall der Prognose ist die Entlastung für die Steiner gar nicht so hoch.

Wie hoch genau?

Pfeifenberger: Aktuell haben wir täglich 30 000 Fahrzeuge. 2030 wird mit 28 000 Fahrzeugen gerechnet, drei Prozent davon als Schwerlastverkehr. Wenn die Umfahrung realisiert ist, rechnet die Prognose mit 23 000 Autos und Lastern, die auf der Hauptstraße unterwegs sind. Die Lkw werden dann aber einen Anteil von acht Prozent haben. Das heißt, die Umfahrung würde lediglich 5000 Fahrzeuge herausnehmen, aber 1000 Laster mehr bringen. Da frage ich mich schon, welchen Nutzen so ein Projekt hat. Außerdem weiß niemand, wie viele Fahrzeuge überhaupt in Richtung Nürnberger Hafen wollen, also die Umfahrung nehmen würden. Das wurde gar nicht untersucht.

Immerhin aber hat das Projekt einen Nutzen-Kosten-Faktor von drei. Also die Vorteile übersteigen demnach die Kosten um das Dreifache. Eine Zahl, die als hoch gilt.

Pfeifenberger: Das muss man im Vergleich sehen. Die anderen Vorhaben, die im BVWP aufgeführt sind, erreichen Faktoren von bis zu zehn. Mit drei ist die Umfahrung Stein/Eibach recht weit unten angesiedelt.

Besteht aus Ihrer Sicht überhaupt eine Realisierungschance?

Pfeifenberger: Solche Vorhaben hängen oft nicht allein von ihrer Sinnhaftigkeit ab. Da geht es auch um politische Einflussnahme. Manchmal geht es schneller, als man denkt, und schon ist der Spatenstich da.

Sie haben gemeinsam mit den Grünen und kritischen Steiner Bürgern an einem Stand einen Vormittag lang über das Projekt informiert. Wie ist das von den Passanten aufgenommen worden?

Pfeifenberger: Ehrlich gesagt, hatte ich befürchtet, dass wir beschimpft werden, aber das Gegenteil war der Fall. Nicht alle, aber viele, haben uns gesagt, dass sie den Straßenbau für überflüssig halten.

Inzwischen kommt auch aus dem Stadtrat Kritik. Drei CSU-Stadträte wünschen sich eine nochmalige Betrachtung des Projekts. Formiert sich da vielleicht noch mehr Widerstand?

Pfeifenberger: Ich denke schon. Zwei der Stadträte sind Landwirte. Ich kann deren Haltung gut verstehen. Der Flächenverbrauch von über sieben Hektar lässt es eng werden für die Steiner Landwirtschaft. Dazu kommt noch die enorme Zerschneidung der Flur, so dass einige Flächen nur noch schwer zu bewirtschaften sind. Schon allein die Idee, zwischen Bertelsdorf und Deutenbach eine dreispurige Straße zu bauen, ist eigentlich unglaublich. Das Dorf würde damit vom übrigen Stadtgebiet abgeschnitten. Allein in Bertelsdorf sind nach meiner Kenntnis 300 Unterschriften gegen den Bau gesammelt worden.

Zu was raten Sie, um Stein vom Verkehr zu entlasten?

Pfeifenberger: Hier ist der Nürnberger Oberbürgermeister Ulrich Maly im Wort. Er hat gesagt, er will sich für eine Lösung im Südwesten der Metropole einsetzen. Es muss nochmals mit Nachdruck verhandelt werden, vielleicht gibt es doch eine Chance für die U-Bahn. Allerdings muss ich auch sagen, an einer verkehrsreichen Straße zu leben, ist wohl eine Zumutung, aber kein Einzelschicksal. Wir alle steigen ins bequeme Auto, wollen jederzeit Waren aus aller Welt — der Verkehr sind wir.

Oft wird das Argument gebracht, die Umfahrung sei die letzte Chance für Stein, das Verkehrsproblem zu lösen . . .

Pfeifenberger: Welche Chance? Und zu welchem Preis? Die geringe Entlastung rechtfertigt die vielen Millionen Steuergeld und den Verlust an Natur und Landschaft nicht.

2 Kommentare