Abseitingen ist überall

16.4.2012, 10:00 Uhr
Abseitingen ist überall

© Thomas Scherer

Anton Hantschel betrachtet die Welt gern aus etwas anderer Perspektive. Aus dem Weltraum mit den Augen eines Aliens etwa oder als Gast, wie ein Tourist. Da fallen einem die Eigenheiten der Eingeborenen erst so richtig auf, ähnlich wie dem Schriftsteller Rafik Schami, der sich über die „deutsche Leidenschaft namens Nudelsalat“ königlich amüsierte und darüber räsonierte, warum germanische Gäste liebend gern selbst Speisen mitbringen, wenn man sie zum Essen einlädt. Hantschel geht mit seinen Mitteln ähnlich vor.

Er nimmt pointiert den Alltag in dem hübschen Ort namens „Abseitingen“ aufs Korn, der mitten in Franken und zugleich überall liegt. Großstadt-Szenen, autovolle Straßen, Staus, alle telefonieren mit dem Handy ohne miteinander zu reden, man kämpft mit Monstern, die sich „Äpps“ nennen, an der Benzin-Zapfsäule wird die Pandora-Büchse geöffnet, die der Menschheit Unheil bringt, preismäßig natürlich. Ein schräges Pärchen stolziert umher in Badeanzügen, die Kopfschütteln erzeugen. Einem verwirrten Mann sitzt ein Marsmännchen im Nacken. Unter dem Stichwort „Naherholungsgebiete“ erkennt man verblüfft den Nürnberger Friedrich-Ebert-Platz, eine architektonische XLSünde, seit dort die neue U-Bahn-Station eröffnet wurde. Bei Hantschel wird ein Anwohner von einem friedlichen Schaf begleitet. Na klar: Mehr Grün bitte! Die Mischtechnik-Bilder bestechen mit reduzierten Konturen, mit Lässigkeit im Zeichenfluss und witzigen Protagonisten.

Eine Tusche-Zeichnung illustriert die Radio-Welt, indem sie das Innenleben des Kastens mit dem verbindet, was aus ihm heraustönt. Eine Frau braucht Botox und lässt sich dafür von einem Mann begutachten, ein alter Kerl saust munter im Rollator dahin. Viele Gehwege führen ins Grüne. Das Stadt-Land-Thema liegt Hantschel, der demzufolge mehr in die Fränkische fahren oder am besten gleich umziehen sollte. Philosophisch wird er im Werk „Gemütszustandsgenossen“, das Meditation, Bewusstseinserweiterung, Offenheit und Verschlossensein thematisiert.

Eine sehenswerte Schau wegen ihrer Leichtigkeit und ihrer Querverbindungen in alle Richtungen.

„Weltalltag“: Galerie in der Kofferfabrik (Lange Straße 81). Bis 31. Mai.

 

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