Auf Deeskalationskurs in der Notaufnahme

18.1.2019, 06:00 Uhr
Auf Deeskalationskurs in der Notaufnahme

© Archivfoto: Thomas Scherer

Eine kurze Rückversicherung bei Kollegen bestätigt René Icgens Vermutung: Ja, sagt der Pressesprecher des Fürther Klinikums auf FN-Nachfrage, der Umgangston der Menschen sei generell rauer geworden, die Hemmschwelle sinke. "Man kann vielleicht sagen, dass die Leute ihren Emotionen heute eher Luft machen als früher", so Icgen.

Das Personal am Klinikum kennt deshalb auch bestimmte Szenarien. Etwa, dass Patienten schreien, schimpfen oder gegen Türen, Wände und Mobiliar treten. Zu körperlichen Übergriffen komme es aber zum Glück so gut wie nie.

Einen eigenen Sicherheitsdienst beschäftigt das Haus momentan nicht — und will, wenn möglich, auch künftig ohne ihn auskommen. Zurzeit seien die Probleme mit schwierigen Patienten noch mit einem ganzen Bündel an Maßnahmen in den Griff zu bekommen, sagt Icgen. So werden Ärzte und Pflegepersonal bereits seit einigen Jahren darin geschult, wie sie brenzlige Situationen entschärfen können. Sie lernen dann beispielsweise, wie sie bei Aggressivität beruhigend oder entschlossen einwirken.

Manchmal, so Icgen, gelinge es aber schon vorher, die Patienten zu besänftigen. Eine große Hilfe seien dabei die ehrenamtlichen Mitarbeiter der "Lila Dienste". Sie sind auch an neuralgischen Punkten vor Ort, etwa in der Notaufnahme oder in der Aufnahme der Kinderklinik. Also dort, wo Wartenden oft viel Geduld abverlangt wird, die allerdings manchmal fehlt. Hier kommen dann die "Lila Dienste" zum Einsatz, die Betroffene ansprechen. Sie klären eine panische Mutter darüber auf, dass noch ein dringender Notfall versorgt werden muss, bevor sich ein Arzt um ihr fieberndes Kind kümmern kann. Oder reichen ein Glas Wasser, beschäftigen mitgebrachten Nachwuchs und beruhigen unsichere und aufgewühlte Menschen.

Geschätzte Helfer

Rund 30 Helfer sind für diese Dienste derzeit am Klinikum tätig, auch vom Klinikpersonal werden sie sehr geschätzt. "Die Zusammenarbeit zwischen ihnen und Pflegern oder Ärzten klappt gut", sagt Icgen. Oft genügten schon kurze Absprachen, um zu klären, wer nur etwas guten Zuspruch braucht und wer vielleicht doch eher eine klare Ansage.

Nützt das alles nichts, ruft auch das Fürther Klinikum die Polizei. Wie oft im Jahr das nötig war, darüber führt das Haus nicht Buch. Icgen weiß aber, dass die Einsätze wegen renitenter Patienten in den vergangenen Jahren auf ähnlichem Niveau geblieben sind. Lediglich die Zahl der Diebstähle auf den Stationen und in den Patientenzimmern habe zugenommen. Auch hier setzt man auf die Wachsamkeit der Mitarbeiter, die verdächtige Personen gezielt ansprechen — und auf die Einsicht der Patienten, Wertvolles lieber zu Hause zu lassen.

Im Rahmen der umfangreichen Modernisierung des Klinikums, die, wie berichtet, heuer beginnt und bis 2030 abgeschlossen sein soll, denke man derzeit aber auch über zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen nach. Im Gespräch ist etwa ein sogenannter Alarmierungsbutton. Mit diesem Hilfsmittel, das Personal und Ärzte zum Beispiel am Schlüsselbund immer bei sich tragen, können im Notfall Kollegen informiert werden.

Diese kommen dann rasch hinzu, alle zusammen schaffen es im Idealfall, heikle Situationen zu entschärfen. Falls nicht, hilft nur noch der Anruf bei der Polizei.

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