Auftauen nach Plan

26.5.2012, 11:00 Uhr
Auftauen nach Plan

© Winckler

Vor 25 Jahren, als in Tschernobyl der Reaktor von Block 4 explodierte und dem Land ringsum den Tod brachte, als eine radioaktive Wolke Richtung Westen zog und beim Abregnen auch Teile Deutschlands verstrahlte, hatten Wolfram und Angelika Schaa zwei kleine Kinder. Sohn Helmut und Tochter Sabine waren damals drei und fünf Jahre alt. Wie viele Mütter und Väter in Deutschland wussten die Schaas nicht, ob sie der Milch noch trauen durften, die sie ihren Kindern zu trinken gaben, und dem Sand, in dem die Kleinen spielten.

Wolfram Schaa sagt, damals habe er beschlossen, sich politisch zu engagieren. Gegen Kernkraftwerke, für erneuerbare Energien. Als Grüner vertritt der 58-Jährige im Zirndorfer Stadtrat inzwischen seit Jahren die Belange der Umwelt. Und die lässt er auch bei kleinsten Handgriffen im Alltag nicht außer Acht.

An diesem Nachmittag hat Schaa in seinem Garten einen Kaffeetisch gedeckt. Ein leichter Wind zaust die Blätter des Birnbaums, es gibt Rhabarberkuchen. „Aufgetaut, aber gebacken von meiner Frau“, gesteht der Hausherr schmunzelnd. Man muss wissen: Bei Schaas kommen für gewöhnlich zwei Kuchen auf einmal aus dem Rohr. Denn: „Es wäre ja unsinnig, den Ofen nur wegen einem Blech hochzuheizen.“

Ein Kuchen auf Reise

Der Kuchen, den Schaa seinen Gästen auftischt, hat am Vorabend schon eine kleine Reise durch verschiedene Temperaturzonen angetreten. Vom eiskalten Gefrierschrank im Keller hinauf ins Erdgeschoss direkt in den Kühlschrank und von dort hinaus auf den frühjahrswarmen Terrassentisch. Der Weg mutet umständlich an, das weiß Schaa: „Man muss schon ein bisschen planen und vorausschauen.“ Dafür aber „entlastet“ der frostige Neuankömmling den Kühlschrank, der vorübergehend „etwas weniger Strom zieht“.

Wenn Schaa eine „Portion“ Suppe aus dem Gefrierschrank holt, kommt ihm der gefrorene Block folglich auch nicht direkt in den Topf. Denn zum Erhitzen braucht es dann ja zusätzliche Energie, um die Minusgrade zu überwinden.

Wie viel Strom er spart, indem er den Kühlschrank als Zwischenstation nutzt, weiß Schaa nicht. Er meint: „Wichtig ist doch, dass man sich bewusst macht, wo man sinnlos Energie verschwendet.“ Muss er Holzleisten für den Kamin kürzen, macht er das schon mal mit dem Fuchsschwanz und bloßer Muskelkraft statt mit der elektrischen Säge.

Während der Kuchen auf den Tellern weniger wird, sinniert Schaa über die Notwendigkeit einer Tiefkühltruhe. „Am ökologischsten wär’ es ja, keine zu haben“, meint er. Doch gleich verwirft er den Gedanken wieder. Nein, das wäre auch für ihn als Grünen nicht von dieser Welt. Sein Bier aber stellt er im Winter schon mal vor der Haustür kalt.

Tina Kienzl, Umweltexpertin der Verbraucherzentrale Bayern, zum Thema Kühlen und Gefrieren:

Kühl- und Gefrierschränke laufen rund um die Uhr. Bei diesen Haushaltsgeräten, die mit zirka 16 Prozent am Haushaltsstrom beteiligt sind, ist das Einsparpotenzial daher besonders groß. Wer Tiefgefrorenes im Kühlschrank auftaut, spart Energie, indem die Lebensmittel Kälte an das Gerät abgeben.

Um den Stromverbrauch möglichst gering zu halten, gibt es einige weitere Regeln. So sollten Lebensmittel erst nach dem Abkühlen ins Kühl- oder Gefrierfach gestellt werden. Wichtig ist auch, die Temperatur richtig einzustellen. Ist diese zu niedrig, erhöht sich der Stromverbrauch unnötig. Für den Kühlschrank sind 7°C ausreichend, für den Gefrierschrank -18°C.

Wer die Tür nur kurz öffnet, hält die Kälte drinnen. Und steht der Kühlschrank nicht neben wärmespendenden Geräten wie Herd oder Heizung, wirkt sich das ebenfalls strom- und kostensparend im Betrieb aus. Nicht zuletzt ist auch auf regelmäßiges Abtauen zu achten. Eine Eisschicht im Gefrierfach führt zwangsläufig zu höherem Energieverbrauch.

Steht ein Neukauf an, sollte man auf ein energiesparendes Modell achten. Die effizientesten Modelle haben die Klasse A+++. Ratsam ist es, vor dem Kauf den eigenen Bedarf zu klären. Pro 100 Liter mehr Nutzinhalt erhöht sich der Energieverbrauch des Kühlschranks um knapp zehn Prozent, beim Gefrierschrank sogar zwischen 20 und 30 Prozent. Als Faustregel zur Größe gilt: In einem Mehrpersonenhaushalt sollten es 50 Liter pro Person sein, in einem Singlehaushalt 100–140 Liter.

Übrigens: Eine Gefriertruhe ist meist sparsamer als ein Gefrierschrank. Wenn ein solches separates Gerät vorhanden ist, kann auf das Gefrierfach im Kühlschrank verzichtet werden.

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