Basisdemokratisches Wahlprogramm mit Breze

28.2.2012, 09:00 Uhr
Basisdemokratisches Wahlprogramm mit Breze

© Esterl

„Es ist mehr drin für Zirndorf, als der amtierende Bürgermeister herausholt“: Das ist für Marcus Baritsch ausgemacht. Doch dafür „braucht Zirndorf Veränderungen“, so titelt er auch seinen zweiten Wahlflyer, der dieser Tage an die Haushalte geht. „Frei für Argumente“ gibt er sich auf seinem ersten Werbeprospekt in eigener Sache. Das drückt er mit Brötchen und Breze auch denjenigen in die Hände, die sich ihm beim „politischen Spaziergang“ durch die Nürnberger Straße anschließen.

Es ist ein kleines Grüppchen, kein Dutzend Leute ist gekommen, nicht einmal seine Mitstreiter im Stadtrat — Horst Feist und Murat Bülbül — lassen sich blicken. Ersterem ist in der Nacht zuvor die Heizung ausgefallen, er wartet auf den Installateur. Bülbül hat nichts von sich hören lassen. Vermutlich, scherzt Baritsch, sei zehn Uhr morgens schlicht noch zu früh für den Gastronom. Baritsch gibt den Einzelkämpfer.

Die wenigen, die ihn begleiten, sind umso interessierter an der Situation des Einzelhandels. Sie diskutieren angeregt mit dem Kandidaten über die Konkurrenz an der Rothenburger Straße — keine weiteren Supermärkte im Randbereich, fordert Baritsch. Oder über die Zukunft des Marktkauf-Standortes — „hier darf die Stadtspitze nicht auf Interessenten warten, sondern muss aktiv eingreifen“. Und über eines von Baritschs Lieblingsthemen, die Stärkung des Tourismus: „Das ist eine Gesamtaufgabe von Verwaltung, Stadtrat, Vereinen und Initiativen“, sagt er dazu. Doch stattdessen verweise Amtsinhaber Thomas Zwingel stets auf die Zirndorfer Marketing Genossenschaft, in die die Bibertstadt dieses Feld ausgelagert hat.

Jeder sechste Quadratmeter rund um die Nürnberger Straße steht leer. Das müsse sich ändern und da müsse die Stadt offensiver agieren, spricht sich Baritsch für ein Leerstands-Management aus. Und dann wär da noch die Zehner-Zone. Das schrecke die Kundschaft ab. Mindestens Tempo 20, besser noch Tempo 30 hält er für angemessener.

Dass ein Schlüsseldienst und eine Schreinerei von ihren Vermietern aus der unteren Nürnberger Straße „vertrieben wurden“ und dort jetzt Wohnraum entsteht, verurteilt Baritsch. Mit einer Satzung, die eine Umnutzung gewerblicher Flächen verbietet, könnte die Stadt dem vorbeugen — wenn die Mehrheit im Stadtrat denn wollte. Doch genau am Willen, attestiert Baritsch „fehlt es der großen Koalition aus SPD und CSU“. Viel zu oft heiße es, „das geht nicht, statt zu überlegen, wie etwas funktionieren könnte“. Fachkundige Bürger könnten seines Erachtens als Berater in den Gremien wertvolle Anregungen geben.

Die Bürger mitreden zu lassen, gehört für Baritsch zu seinem grundlegenden Politikverständnis. Was vielleicht in seinen politischen Anfängen begründet ist. Sie liegen bei den Jusos. Als sich Baritsch dem SPD-Nachwuchs als Siebzehnjähriger anschloss, standen sie unter dem Vorsitz von Zwingel. „Es war langweilig und zäh: die Fraktion hat alles bestimmt, die Basis hatte nichts zu sagen. Wir haben Plakate geklebt und Heftchen verteilt, das war’s.“ Nach dem Studium in Regensburg, als sich für Baritsch abzeichnete, dass er in Zirndorf bleiben würde, hat er sich politisch umorientiert. „Mir war klar, dass dieser SPD-Ortsverein nichts für mich ist.“

Doch Kommunalpolitik findet er schlicht spannend, „das ist Politik zum Anfassen, die jeder im Gegensatz zu Bundes- oder EU-Politik mitgestalten kann — auch ohne Parteibuch“. So landete er bei den Freien Wählern.

Seine Kandidatur ist für ihn nicht nur ein Schaulaufen: So schlecht, findet Baritsch, stehen seine Chancen nicht. Käme er in eine Stichwahl, glaubt er sogar, gewinnen zu können. „Denn einen Freien“, sagt Baritsch, „kann ein Grünen- genauso wie ein CSU-Anhänger wählen, ohne dass er seine eigentlich favorisierte Partei verrät.“

Konsequente Entschuldung

Dass Amtsinhaber Zwingel keine kommunalpolitischen Themen in seine Wahlveranstaltungen aufgreift, ist für Baritsch nachvollziehbar: „Da ist er angreifbar.“ Etwa in punkto Entschuldung. Behaupte Zwingel, die Schulden in Höhe von über 27 Millionen Euro, seien gut angelegtes Geld in die Zukunft der Kinder, mache er den Leuten etwas vor: Seien die Krippenplätze für unter Dreijährige doch noch gar nicht gebaut: „Da dürfen die Leute gut und gern noch einmal acht Millionen draufrechnen: das ist die Realität der nächsten Jahre, es sei denn, es ändert sich grundlegend etwas in der Bibertstadt.“ Etwa mit einem konsequenten Entschuldungskurs, den Baritsch teueren Straßenbau-Maßnahmen vorziehen würde.

„Wir sind die, die es anders machen“, verheißt er. „Weil wir rein sachlich orientiert sind.“ Für ihn ist der Kirchenvorstand von St. Rochus, dem er seit 2000 angehört, beispielgebend: „Da muss niemand etwas ablehnen, weil es aus einer bestimmten Ecke kommt. Da pflegt man einen offenen Diskurs.“

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