Bereitschaftsdienst startet mit Misstönen

9.2.2019, 16:00 Uhr
Bereitschaftsdienst startet mit Misstönen

© Archivfoto: Hans Winckler

Krankheiten nehmen selten Rücksicht auf ärztliche Sprechzeiten. Wenn sich die Blasenentzündung am Samstagmorgen ankündigt, am Weihnachtsfeiertag oder am Mittwochnachmittag, haben Praxen geschlossen. Gut, wenn es dann eine Bereitschaftspraxis in der Stadt gibt.

In Fürth sitzt diese seit 2007 am Klinikum. Über zehn Jahre lang hat sich die Ärztegenossenschaft um den Betrieb gekümmert, sie hat unter anderem die Mediziner eingeteilt, die Dienst taten, und Arzthelferinnen angeworben. Die Praxis sollte auch die Notaufnahme des Klinikums entlasten, die – wie der Name sagt – für Notfälle gedacht ist.

Zum Beginn des Jahres hat sich einiges geändert. Zum einen ist die Praxis umgezogen – vom Untergeschoss der früheren Frauenklinik in das Gesundheitszentrum über der Strahlentherapie. Zum anderen hat sie einen neuen Träger, die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB). Warum?

"Da muss man etwas ausholen", sagt Dr. Franz Jobst auf FN-Nachfrage. Mit zwei Kollegen hat der Allgemeinarzt die Bereitschaftspraxis federführend für die Ärztegenossenschaft betreut. Vor zwei, drei Jahren, so Jobst, häuften sich die Klagen von Kliniken, dass ihre Notaufnahmen überlastet seien. Die Politik habe dann begonnen, Druck auszuüben, was die KVB dazu veranlasst habe, den Bereitschaftsdienst in Bayern zu reformieren. In Fürth etwa sollten die Sprechzeiten in die Abendstunden ausgeweitet werden.

Die Ärztegenossenschaft, beteuert Jobst, hätte die Praxis zwar gerne weitergeführt, allerdings gestalteten sich ihm zufolge die Gespräche mit KVB und Klinikum als "sehr schwierig", außerdem habe er gemerkt, dass die KVB "das lieber in den eigenen Händen haben wollte". Abgeblitzt sei er beim Klinikum auch mit der Idee, den Bereitschaftsdienst künftig als "Portalpraxis" an die Notaufnahme anzudocken. An einem gemeinsamen Tresen hätte man die Patientenströme kanalisieren können: das gebrochene Bein in die Notaufnahme, der schwere Schnupfen in die Praxis.

"Als hätte es uns nie gegeben"

Im Grunde aber, räumt Jobst ein, sprachen für die Ärztegenossenschaft wirtschaftliche Gründe dagegen, die Praxis fortzuführen: Täglich bis 21 Uhr zu öffnen, sei schön und gut, aber gerade in den Abendstunden kämen nicht viele Patienten. "Die KVB kann das trotzdem machen", sagt Jobst, "die rechnet intern anders ab. Für uns als Genossenschaft war das wirtschaftlich nicht darstellbar." Jetzt ist also die KVB am Ruder und teilt die zum Bereitschaftsdienst verpflichteten Haus- und Fachärzte ein. Von den Arzthelferinnen, die sich in der Praxis zum Teil seit über zehn Jahren an Wochenenden, Feiertagen und Mittwochnachmittagen etwas dazuverdient haben, ist keine mehr an Bord.

Mächtig geärgert hat sich das alte Team darüber, wie KVB und Klinikum den Übergang kommunizierten. Die Pressemitteilung habe den Eindruck erweckt, es sei etwas ganz Neues entstanden, die alte Praxis wurde mit keinem Wort erwähnt. Jobst will das nicht kommentieren, die ausgeschiedenen Arzthelferinnen schon: "Wir haben das mit aufgebaut und jetzt könnte man meinen, es hätte uns nie gegeben", kritisieren sie.

Klinikvorstand Peter Krappmann entgegnet, die KVB habe die Pressemitteilung geschrieben, er habe sich nichts dabei gedacht. Überhaupt hätte das Klinikum gerne mit der Ärztegenossenschaft weitergemacht, "wir waren mit der Zusammenarbeit sehr zufrieden". Diese habe sich aber nicht mit der KVB einigen können. Und der gemeinsame Tresen von Notaufnahme und Bereitschaftspraxis? Er lasse sich im Klinikum "räumlich nicht abbilden", so Krappmann, sei aber nicht für alle Zeit vom Tisch. In Berlin, sagt er und meint Diskussionen von Politikern mit Klinikvertretern und Ärzten, "ist das ein Riesenthema".

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