Brückenschlag für eine Gesellschaft am Abgrund

21.6.2016, 17:00 Uhr
Brückenschlag für eine Gesellschaft am Abgrund

© Foto: privat

Oder zumindest scheint es an der Oberfläche so. Denn die Sängerin und Harfenistin Tara Jaff und der Maler Ako Goram stammen aus einem Land, das es nicht gibt, teilen sich eine Heimat, die sie beide verlassen mussten, leben beide im Exil. Als Kurden vertreten sie eine eigene Tradition, Kultur und Sprache, aber keine Nation, und so wird auch das scheinbar Unpolitische politisch.

„Fremde Heimat“ lautet der Titel der Ausstellung Gorans in der Auferstehungskirche, die am 5. Juni eröffnet wurde, und Tara Jaffs Konzert mit Harfe und Gesang steht unter demselben Motto. Jaff lebt seit 1976 in England, wo sie die keltische Harfe kennen und lieben lernte.

In ihrer Musik verbindet sie westliche und kurdische Elemente aus dem Irak, nimmt Texte des kurdischen Poeten Mawlawi auf und unterlegt sie mit selbst komponierter Musik oder singt traditionelle Volkslieder aus ihrer Heimatregion. Vorherrschende Emotion ist das Verlangen – ausgedrückt in wallenden Harfenklängen und in einer zarten und sehnsuchtsvollen Stimme, die überraschend jung klingt. Verlangen nach dem Liebsten, Verlangen nach der Heimat, Verlangen – wie in dem Sufi-Lied am Ende des Programms – nach Gott durchdringt die Melodien und die Worte in verschiedenen kurdischen Dialekten.

Fremdes und Bekanntes verbindet sich, in der Musik ebenso wie im Kirchenraum, in dem Besucher unterschiedlicher Herkunft und Tradition am Ende bei Tee und kurdischem Gebäck zusammenkommen. Dass es nicht um das Trennende gehen kann, sondern um das Verbindende, ist der künstlerische Grundgedanke des seit 20 Jahren in Nürnberg lebenden Ako Goran, der wie Jaff aus dem irakischen Teil Kurdistans stammt. Dass seine bunten Städtecollagen kein Kriegselend zeigen, ist bei ihm nicht Eskapismus, sondern Programm. Er zeigt Städte als bunte Orte der Begegnung, der Verbundenheit, des Kennenlernens, stellt nicht das Trennende, sondern das Verbindende in den Mittelpunkt.

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