Bürgerarbeit: Modell mit Schwächen

24.4.2012, 13:00 Uhr
Bürgerarbeit: Modell mit Schwächen

© Winckler

Abitur, Ausbildung zum Mediengestalter, rund fünf Jahre Festanstellung, danach erfolgreiche Selbstständigkeit in der IT-Branche: Wenn der 36-Jährige von seinem Leben erzählt, hört sich erst einmal alles nach einem erfolgreichen Werdegang an. Doch plötzlich kam der Burnout. Und zu der psychischen Krise gleichzeitig die berufliche.

Doch seit August 2011 hat der junge Mann wieder eine Aufgabe. Als „Bürgerarbeiter“ hilft er unter anderem bei der Verwaltung des Gebrauchtwarenhofs in Bislohe bei Fürth. „Für mich ist das gut.“ Da könne er wieder „Biss entwickeln“ und sich vorbereiten für den Sprung zurück auf den regulären Arbeitsmarkt,

Nach Einschätzung von Ralf Holtzwart, dem Chef der bayerischen Arbeitsagenturen, funktioniert das mit der so genannten „Bürgerarbeit“ auch. 2010 wurde das bundesweite Förderprogramm nach Modellversuchen in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Bayern aufgelegt. Demnach sollten die Jobcenter zunächst Langzeitarbeitslose in einer sechsmonatigen „Aktivierungsphase“ intensiv betreuen und versuchen, ihnen eine Stelle zu verschaffen oder sie weiterzuqualifizieren. Hartz-IV-Empfänger, die dennoch ohne Job blieben, bekamen danach ab Januar 2011 einen gemeinnützigen Arbeitsplatz bei den Kommunen angeboten. Die Teilnehmer erhalten dort einen Arbeitsvertrag, für 30 Wochenarbeitsstunden gibt es 900 Euro brutto im Monat. Bei 20 Stunden sind es 600 Euro. Zusätzlich werden Sozialversicherungsleistungen übernommen.

Hohe Kosten

Aus dem Bundesetat und aus Mitteln des europäischen Sozialfonds stehen bis 2014 insgesamt 1,3 Milliarden Euro für bis zu 34000 Bürgerarbeitsplätze zur Verfügung, die immer wieder neu besetzt werden können, wenn ein Teilnehmer einen regulären Job gefunden hat. In Bayern gibt es 1750 bewilligte Bürgerarbeitsplätze, 1032 sind besetzt. Bis März 2012 haben im Freistaat 17300 Langzeitarbeitslose an dem Modellprojekt teilgenommen, sagt Holtzwart. Mehr als ein Drittel von ihnen habe im Rahmen der „Aktivierung“ oder über die eigentliche Bürgerarbeit wieder auf dem normalen Arbeitsmarkt Fuß fassen können. Das sei „wesentlich mehr“ als ursprünglich erhofft. Auch Kommunalpolitiker wie Fürths Oberbürgermeister Thomas Jung loben das Projekt. „Es ist besser, Beschäftigung statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren“, so Jung. 55 Bürgerarbeitsplätze stehen dem Jobcenter Fürth zur Verfügung, 53 sind belegt.

Dass das Modell über den Projektzeitraum hinaus weitergeführt und in das feste Instrumentarium der Bundesagentur für Arbeit aufgenommen wird, ist jedoch nicht sehr wahrscheinlich. Die Erfolgsquote des Förderprogramms falle von Bundesland zu Bundesland und auch von Kommune zu Kommune „heterogen“ aus, sagt auch Holtzwart. Vorstellbar sei aber, dass zum Beispiel lokal besonders erfolgreiche Projekte auch über 2014 hinaus weitergefördert werden.

Ein grundsätzliches Problem bei der Bürgerarbeit ist offenbar das oft langwierige Genehmigungsverfahren, das vom Bundesverwaltungsamt abgewickelt wird. Die geförderten Stellen müssen gemeinnützig sein und dürfen reguläre Arbeitsplätze nicht verdrängen. Eine trennscharfe Abgrenzung ist aber oft nicht möglich. Zahlreiche Einsatzmöglichkeiten etwa in Kindergärten und Krippen wurden abgelehnt, beklagt auch Jung.

Werden die Bürgerarbeiter wie in Bayern auf Basis des kommunalen Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst bezahlt, genügt zudem das Geld von Bund und EU nicht. Die Lücke aber müssen die Kommunen stemmen.

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