Bürgerinitiative formiert sich gegen Neue Mitte

25.11.2008, 00:00 Uhr
Bürgerinitiative formiert sich gegen Neue Mitte

© Dittmar

Auf einen Internet-Aufruf hatten sich so viele Interessierte an einer Bürgerinitiative gemeldet, dass der reservierte Platz im Restaurant «Penelope» nicht ausreichte und die Initiatoren erst einmal im kleinen Kreis berieten. Zunächst muss nämlich ein Sprecher gefunden werden.

Morgen wollen der neue Gebietsreferent des Landesamtes für Denkmalpflege, Dr. Uli Walter, und Stadtheimatpfleger Mayer mit Baureferent Joachim Krauße über die Neue Mitte reden. Wie Walter auf Anfrage der Fürther Nachrichten erläutert, geht es nicht allein um Baudenkmäler, sondern darum, wie sich eine Stadt in ihrer Mitte präsentiert. Besorgt über die Planung des spanischen Investors Sonae Sierra hatte sich – wie berichtet – bereits der Bayerische Landesverband für Heimatpflege geäußert.

Beispiel City-Center

Die Neue Mitte war am Sonntag auch Gegenstand der letzten Führung des Vereins Geschichte Für Alle mit dem Titel «Baulust und Planungsfrust». Historiker Wolf Hergert stellte die Problematik in einen größeren Zusammenhang, indem er beispielsweise das City-Center betrachtete: Obwohl mit Satteldächern und Sandsteinfassaden ausgestattet, wirkt es im historischen Umfeld doch mit seiner 80er-Jahre-Architektur als Fremdkörper.

Mayer, der die Erläuterung zur Neuen Mitte beisteuerte, bedauerte, dass Sonae Sierra keinerlei Bereitschaft erkennen lasse, auf Bedenken einzugehen und die Planungen entsprechend zurückzunehmen. Das sei die Folge davon, dass eineinhalb Jahre Vorplanung praktisch hinter verschlossenen Türen stattgefunden habe. Indiskutabel ist für den Stadtheimatpfleger das Abriegeln der Rudolf-Breitscheid-Straße durch den Zugang zum geplanten Einkaufszentrum. Schon das geplante Flachdach nehme keinerlei Rücksicht auf die Umgebung.

Probleme für den Fürther Einzelhandel sieht Mayer deshalb voraus, weil es sich um ein autarkes Einkaufszentrum handelt, das keine Rücksicht auf die umgebenden Geschäfte nehmen muss. «Die Nürnberger machen es beim Augustinerhof besser», merkte er an. Hier handle es sich um ein in die umgebende Handelsstruktur integriertes Projekt, für das außerdem ein Architektenwettbewerb durchgeführt wurde. Für das Fürther Projekt gibt es nur ein beschränktes Gutachterverfahren mit vom Investor eingeladenen Planern. «Wenn das ein fauler Zahn wird, ist die Stadt erledigt», warnt Mayer. Ein Buchhändler aus der Nachbarschaft des geplanten Einkaufszentrums, der nicht genannt werden möchte, fürchtet bereits um seine Existenz: «Wir sind umsatz- und ertragsmäßig bereits am Limit und können uns keine Einbußen leisten.» Er hat nämlich erfahren, das große Buchhandelsfilialisten bereits Interesse an einer Niederlassung in der Neuen Mitte bekundet haben.

Als illusorisch stuft der Stadtheimatpfleger die Annahme ein, dass durch das neue Einkaufszentrum alle bislang nach Nürnberg und Erlangen abfließende Kaufkraft gebunden werden kann. Ein Rundgangsteilnehmer gibt ihm Recht: «Wenn in der Neuen Mitte wieder nur Filialisten einziehen, dann fahre ich zum Einkaufen doch lieber nach Nürnberg. Mit der U-Bahn geht das ja ganz fix.» Ein weiterer Teilnehmer merkt an, dass es ganz geschickt von OB Thomas Jung gewesen sei, vor der Wahl noch nichts über das Vorhaben zu verraten. Denn das hätte ihn zweifellos einige Wählerstimmen gekostet. Wichtig für den Historiker Wolf Hergert ist es, bei vollmundig angekündigten Großprojekten wie die Neue Mitte einen kritischen Kopf zu bewahren.