Das Bürgerprojekt Dorfladen ist gescheitert

23.9.2014, 06:00 Uhr
Das Bürgerprojekt Dorfladen ist gescheitert

© Ralf Rödel

Die Bilanz nach fünf Jahren: Es ging zu wenig Geschäft. „Wir waren finanziell am Ende“, sagt Elfriede Heinrich, mit Renate Leuthold eine der zwei Vorsitzenden der Genossenschaft. Als gelernte Bürokauffrau nach 30 Jahren im Controlling war sie die Frau der Wahl fürs Finanzielle. Doch nach über vier Jahren in diesem Amt, für das sie zum Preis einer geringfügig Beschäftigten zuletzt eineinhalb Jahre Vollzeit Einsatz brachte, war es für sie eine Erleichterung, den Laden zuzusperren: „Ich war froh, dass endlich eine Entscheidung gefallen war.“

Das Bürgerprojekt Dorfladen ist gescheitert

© Foto: De Geare

Denn, dass es so nicht weitergehen konnte, war ihr bereits vergangenen Sommer klar. Das Vorstands-Duo hätte personelle Unterstützung über eine erweiterte Vorstandschaft benötigt. Doch dafür fand sich niemand. „Und an der Kostenschraube war nicht zu drehen, wir hätten mindestens 350 000 Euro Jahresumsatz gebraucht, mit 25 000 bis 30 000 Euro im Monat aber war das nicht hereinzuholen. Und davon kam leider nur etwa die Hälfte von den 240 Genossenschaftern, das hat einfach nicht gereicht.“ Ende 2013 bewahrte die eG nur ein Darlehen der Marktgemeinde vor dem Gang zum Insolvenzgericht.

Zur außerordentlichen Generalversammlung kurz darauf holte sich der Dorfladen einen Berater vom Zentralverband für Konsumgenossenschaft. Mit dessen Vorschlag, einen monatlichen Mitgliedsbeitrag von 3 Euro zu erheben, der — den entsprechenden Umsatz vorausgesetzt — über ein Bonussystem für Einkäufe rückerstattet werden sollte, schien ein Ausweg gefunden. Doch was im Januar noch gut geheißen wurde, fand im Juli, als die entsprechende Satzungsänderung anstand, keine Mehrheit mehr.

„Nur einer meldete sich zu Wort. Wir sollten Schluss machen, sagte er. Dann folgte kurz Totenstille“, erinnert sich Heinrich. Die Abstimmung besiegelte das Aus. In diesem Moment war der Tatbestand der Überschuldung gegeben: „Wir mussten handeln. Sonst hätten wir drei Wochen später Insolvenz anmelden müssen“, so Heinrich. Doch dann hätte der Dorfladen keinen Cent mehr bewegen können.

Das wollten die Vorstandsdamen weder den Mitarbeiterinnen noch den Lieferanten zumuten. Also versuchten sie, binnen Wochen geordnet abzuwickeln. So wurde aus der Vorsitzenden Heinrich die Liquidatorin der Genossenschaft. Die Marktgemeinde unterschrieb eine Nachrang-Erklärung für das gewährte Darlehen, womit es buchhalterisch als Eigenkapital gewertet werden konnte. Das Vermieter-Ehepaar Timm entließ die Genossenschaft kurzfristig aus dem Mietvertrag. Stammkunden deckten sich auf Vorrat ein. Ein Rohrer Laden übernahm alles Haltbare, sodass kaum etwas abgeschrieben werden musste. So groß die Euphorie in der Gründungsphase war — immerhin fanden sich im kleinen Buchschwabach mit 380 Haushalten 240 Genossenschafter, die das Startkapital in Höhe von 32 000 Euro stellten, so verhalten war das Kaufinteresse. „Nur ohne Kunden funktioniert der beste Laden nicht“, sagt Bürgermeister Johann Völkl, selbst Genossenschafter.

Wer nicht auf eine fußläufige Einkaufsmöglichkeit angewiesen ist und seine Einkäufe auf dem Weg zur Arbeit erledige, habe eben genügend Vollsortimenter und Discounter in der Umgebung, bedauert er das Scheitern des Bürgerprojekts. „Nur jetzt braucht keiner mehr zu jammern, dass im Dorf nichts mehr zu haben ist“, meint er. So sieht das auch Heinrich. Ihr Resümee ist nüchtern: „Es ist uns nicht gelungen, den Genossenschafts-Gedanken in den Köpfen zu verankern.“ Warum überhaupt die Genossenschaft, wenn die Mitglieder selbst ihren Laden nicht unterstützen?, habe sie in den Versammlungen wiederholt gefragt. „Nur die 70, 80 Leute, die da immer kamen, waren natürlich die falsche Adresse, ihnen lag der Laden am Herzen. Der hätte auch den Umsatz derer gebraucht, die mit 100 Euro Anteilszahlung ihr Engagement als erledigt betrachteten.“ Die erste Mail eines Genossenschafters, wie er dieses Geld denn nun zurückbekomme, hat Heinrich bereits erhalten. „Das ist natürlich weg“, sagt sie, „gewissermaßen verzockt.“

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