Das Ende des Radwegebaus?

30.11.2010, 09:00 Uhr
Das Ende des Radwegebaus?

© Hans-Joachim Winckler

Nicht mehr als Kombiweg, sondern als Fußweg mit dem Zusatzschild „Radfahrer frei“ ist die Trasse jetzt ausgewiesen. Anfang des Jahres hatte der Verkehrsausschuss den Benutzungszwang noch bekräftigt (die FLN berichteten). Den Anstoß gab eine Beschwerde des Zirndorfers Udo Helmreich, der passionierter Radler ist und „größte Bedenken“ angemeldet hatte, Radler auf die neu entstandene Trasse zu zwingen.

Eltern dagegen hatten seit Jahren gefordert, mit einem Radweg für mehr Sicherheit auf dem Weg zu Grund- und Hauptschulkomplex an der Mühlstraße sowie zur Realschule an der Banderbacher Straße zu sorgen. 2008/09 schloss die Bibertstadt die Lücke im Radwegenetz. Kosten: 250000 Euro.

Unfälle vorprogrammiert

Zu viele Grundstücksausfahrten, Hindernisse, wie parkende Autos oder Mülltonnen, sowie die generelle Enge auf dem Weg monierte Kritiker Helmreich indes. Derlei nötige die Radler zum ständigen Wechsel zwischen Fahrbahn und Radweg, Unfälle seien vorprogrammiert. Und den sportlichen Radler schränke der Radweg im Tempo ein.

Berufen hatte sich Helmreich auf ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom Sommer 2009 zu einem Einzelfall in Regensburg, demzufolge Radler nur in Ausnahmefällen auf Radwege gezwungen werden dürfen, da dieser Zwang ein Fahrverbot auf der regulären Straße einschließt. Nachdem die Bibertstadt Helmreichs Anliegen nicht entsprach, reichte er im Frühsommer Klage beim Verwaltungsgericht Ansbach ein.

Seit vergangener Woche könnte sich Helmreich auch auf höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts berufen: Der zufolge dürfen Radler nur auf die seitlichen Wege gezwungen werden, wenn auf der Straße ein besonderes Gefährdungspotenzial gegeben ist.

Diese Argumentation hatte auch die Polizei Zirndorf in ihrer Stellungnahme zum Radweg an der Mondstraße ans Ansbacher Verwaltungsgericht vertreten. Womit sie den Ausschlag für den Rückzieher der Stadt gab. „Weitgehend ohne Grundlage“ sei die Benutzungspflicht, weder ein recht hohes Verkehrsaufkommen noch zu wenig Platz auf der Fahrbahn rechtfertige diesen Schritt.

Dass nach der Entscheidung der Bundesverwaltungsrichter nun alle blauen Schilder, die Radler auf seitliche Wege zwingen, abmontiert werden müssen, glaubt weder Bürgermeister Zwingel noch Ordnungsamtschef Werner Schwab. Allerdings werde man nun wohl doch noch einmal alle Geh- und Radwege im Stadtgebiet unter dem Aspekt der aktuellen Rechtsprechung unter die Lupe nehmen. Für Schwab „ist und bleibt der Regensburger Fall eine Einzelfallentscheidung“.

Allerdings findet er, dass „zumindest Ausführungsbestimmungen von ministerieller Seite nun doch angezeigt sind, damit man weiß, wo’s lang gehen soll“. Dass der Gesetzgeber reagieren muss, ist für Schwab genauso wie für Zwingel ausgemacht. Andernfalls wäre die aktuelle Rechtsprechung der „Tod für den Radwegebau“, so Schwab. Zumindest, wenn man mit dem Radwegebau weiterhin das Ziel verfolge, die „Radler als die benachteiligten Teilnehmer im Straßenverkehr, die sie meines Erachtens sind, zu schützen“ findet Zwingel.

„Warum sollten wir noch teure Radwege bauen, an deren Kosten wir die Anlieger über die Straßenausbaubeitragssatzung auch noch beteiligen müssen, wenn ihn hinterher keiner benutzen muss“, fragt sich Zwingel. Da wäre es mit der Akzeptanz solcher Projekte vorbei, glaubt er.

Ministerium soll klären

Für Zwingel ist der Sicherheitsaspekt und der Vorbildcharakter der Erwachsenen entscheidend. „Wenn die kombinierten Fuß- und Radwege so gefährlich sind, wie von der Radfahrerlobby behauptet, kann es doch nicht angehen, dass man Kinder bis zum achten Lebensjahr als die schwächsten Verkehrsteilnehmer verpflichtet, diese Wege mit dem Fahrrad zu benutzen“, hat er eine Stellungnahme zu der „kontrovers diskutierten Materie“ vom bayerischen Innenministerium erbeten.

Den Stadträten, die dem Rat der Verwaltung, den Benutzungszwang in der Mondstraße aufzuheben, mit großer Mehrheit folgten, nötigte die Entwicklung im Fall der Mondstraße einiges Kopfschütteln ab. Überrascht, „dass eine Einzelmeinung solche Wellen schlägt“, zeigte sich etwa SPD-Fraktionsvorsitzende Sandra Hauber. Sie sah „unsere Bestrebungen, hier einen sicheren Schulweg anzubieten, völlig ausgehebelt. Da brauchen wir eigentlich gar keinen Radweg mehr zu bauen.“