Das Leben ist die vergebliche Suche nach dem einzig wahren Weg

21.7.2018, 15:19 Uhr
Das Leben ist die vergebliche Suche nach dem einzig wahren Weg

© Hans-Joachim Winckler

Vielleicht sollten wir erst einmal über Eva reden. Richtig, da war die Sache mit dem Apfel. Und dann? Kam nicht mehr viel. Lilith dagegen lebt, und auch das seit Menschengedenken. Ihr Anfang verliert sich in der sumerischen Mythologie, doch ein sehr kurzer Auftritt in der Bibel und viele Legenden wirken nachhaltig bis in die jüngste Zeit, als sie zur Symbolfigur weiblicher Emanzipation wurde. Noch Fragen, warum Paul Pourveur seinen relativ kurzen Text nicht Eva widmete?

Gut. Dann also weiter mit jener Anderen. Der Vielgestaltigen, die kaum zu fassen ist. Denn Lilith ist auch die Verkörperung einer Wahrheit, die schon immer galt und immer gelten wird: Leben ist Suchen und wer glaubt, es gäbe den einen wahren Weg, der wird sich schön wundern. Paul Pourveur lässt seine Lilith drei Möglichkeiten durchlaufen. Jedes Mal geht es um die Suche nach dem ersehnten persönlichen Gegenpol, dem Wesen, das das eigene Ich vollkommen rund werden lässt.

Was in Schlagern und Soap Operas klappt, geht hier mal wieder schief. Nix mit Ying und Yang, stattdessen Abbruch der bilateralen Beziehungen. Erstaunlicherweise löst die Erkenntnis in diesem Fall beim Zuschauen keine Verzweiflung aus. Auch wenn auf alle Fragen bloß falsche Antworten kommen, irgendwie geht es wohl doch weiter und weiter und. . . Immer der eigenen Nase nach. Was durchaus tröstlich ist.

Ein Grundton, den auch Meriel Brüttings Inszenierung anzuschlagen scheint. Sechs junge Darsteller sind Lilith. Den vier Frauen (Lilia Akchurina, Maja Bohnhoff, Sara-Fiona Hertle und Magdalena Mayrhofer) und den beiden Männer (Tobias Freitag und Simon Haendl) gelingt das Kunststück, ein Gefühl homogener Identität herzustellen und doch gleichzeitig die unterschiedlichsten Facetten einer Persönlichkeit herauszuarbeiten.

Fragile Komposition

Der in Deutschland kaum bekannte Autor, der 1952 in Antwerpen geboren wurde, gibt weder feste Rollenzuweisungen noch chronologische Strukturen oder Orte vor. Statt einer Geschichte entspinnt sich ein scheinbar frei schwebendes assoziatives Gespinst. Brütting setzt diese fragile Komposition in Bewegungen und Läufe um, die völlig selbstverständlich wirken. Damit bringt sie Struktur in den Ablauf, die das Verständnis nachdrücklich unterstützt.

Die sechs Protagonisten, die aus dem Theater Jugend Club kommend im etwas älteren Jungen Ensemble ihrer Spielleidenschaft in der Freizeit weiter Raum geben, sind mit beeindruckender Sicherheit in diesem Gefüge jederzeit vollkommen präsent und fähig zur klaren Akzentuierung auch in komplexen Momenten.

Sehr beflügelnd.

"Lilith@online": Zum letzten Mal heute, Samstag, 20 Uhr, Kulturforum (Würzburger Straße 2). 

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