Der faire Landkreis

24.6.2016, 13:00 Uhr
Der faire Landkreis

© Foto: Thomas Scherer

Mancher Kreisrat greift gerne zu einer der Thermoskannen auf der langen Tischreihe, wenn der Landrat morgens um 8.30 Uhr zu einer Ausschusssitzung in seinen Dienstsitz in den Zirndorfer Pinderpark bittet. Dass dabei ganz spezieller Kaffee für den Koffein-Schock und den eventuell notwendigen Hallo-wach-Effekt sorgt, darauf wies Matthias Dießl im jüngsten Kreisausschuss hin: „Sie trinken seit langem fair gehandelten Kaffee.“

Dazu gibt es bereits einen Beschluss des Kreistags. Bei allen Sitzungen muss das Fairtrade-Getränk ausgeschenkt werden, auch wer den Landrat in seinem Büro besucht, hat das fair gehandelte Gebräu in der Tasse. Weil es aber noch ein zweites entsprechendes Produkt braucht, standen bei der Sitzung des Kreisausschusses Schalen mit fair gehandeltem Gebäck auf den Tischen. Statt im Vollsortimenter sollen die Leckereien künftig im Eine-Welt-Laden besorgt werden.

Bei der Bewerbung profitiert der Landkreis von den Anstrengungen seiner Kommunen. Neben den Siegel-Inhabern Zirndorf, Roßtal und Langenzenn liegen Bewerbungen aus Oberasbach und Stein vor, auch Cadolzburg hat erste Schritte unternommen. Mehr als 50 Prozent der Landkreis-Bevölkerung würden dann in Fair-Trade-Kommunen leben. Die Basis in den Gemeinden ist damit groß genug, deshalb wirft der Landkreis nun ebenfalls seinen Hut in den Ring.

Eine Idee, die der Kreisausschuss einhellig unterstützte. Im Landkreis stehe die Flüchtlingsproblematik mit der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung in Zirndorf seit Jahrzehnten im Fokus, sagte Norbert Schikora. „Wer ein gutes Einkommen hat, der muss nicht fliehen“, meinte der Kreisrat der Grünen. Fair Trade sei dabei zwar ein kleiner, aber wichtiger Schritt.

Gruppe koordiniert

Mit einer Steuerungsgruppe, in der Vertreter aus den Bereichen Verwaltung/Politik, Handel/Wirtschaft und Zivilgesellschaft sitzen, ist eine weitere Vorgabe bereits erfüllt. Das Gremium – der Landkreis wird durch das Regionalmanagement repräsentiert – soll im Zuge der Bewerbung die Aktivitäten vor Ort koordinieren.

Weitere Hürden auf dem Weg zum Ziel sind ebenfalls schon überwunden: Insgesamt 22 Geschäfte und 11 Gastronomiebetriebe im Fürther Land müssen Produkte aus fairem Handel im Sortiment bzw. im Angebot haben. Gleiches gilt für Schulen, Vereine und Kirchen, die außerdem entsprechende Bildungsaktivitäten offerieren müssen. Die jeweiligen Anforderungen sind pro Gebietskörperschaft nach Einwohnerzahlen gestaffelt. Das heißt, der Landkreis muss, so formuliert es die Verwaltungsvorlage, „eine ,faire‘ Schule, einen ,fairen‘ Verein und eine ,faire‘ Kirche beherbergen“. Und schließlich braucht es vier Artikel in örtlichen Medien, die über Aktivitäten zum Fairtrade-Kreis berichten. Zum Beispiel über die „Kino-Runde“, die ab September starten soll und in Oberasbach ihren Anfang macht. Filme zum Thema gibt es dann zu sehen, und zwar in allen Städten und Gemeinden, die schon das Fair-Trade-Siegel haben oder sich darum bewerben. Das letzte Hindernis muss nun am Montag, 27. Juni, der Kreistag mit einem Ja zur Bewerbung aus dem Weg räumen. Die Sitzung im alten Landratsamtsgebäude am Fürther Stresemannplatz beginnt um 14.30 Uhr. Kreisrätinnen und Kreisräte, die früh genug dran sind, können sich dann vorher noch ein wenig Gedanken über ihr Votum machen – bei Kaffee und Gebäck, fair gehandelt natürlich.

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