„Der Fußball ist moralisch kaputt“

5.12.2016, 16:00 Uhr
„Der Fußball ist moralisch kaputt“

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Die Wut in den sozialen Netzwerken war groß am Wochenende. „Eine Schande für den Fußball“, „Betrüger“ oder „Wie Geld den Charakter verändert“ war dort zu lesen. Veröffentlicht wurden die hitzigen Kommentare auf der Facebook-Seite von Timo Werner, dem Stürmer des Bundesligisten RB Leipzig, der am Wochenende in der Partie gegen Schalke 04 mit einer klaren Schwalbe einen Elfmeter geschunden hatte.

Eine ganz andere Nachricht hat bei den Fußballfans der Republik weniger Aufsehen erregt: Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel hat gemeinsam mit einem europäischen Recherchenetzwerk 18,6 Millionen Dokumente der Enthüllungsplattform „Football Leaks“ ausgewertet – und veröffentlicht die brisantesten Geschichten dazu nun nach und nach. Tenor der Artikelserie: Die dunkle Seite des Profifußballs aufdecken. Im ersten Teil geht es um dubiose Steuersparmodelle von Stars wie Cristiano Ronaldo oder Mesut Özil, die Millionen von Euro am spanischen Finanzamt vorbeigetrickst haben sollen.

Ein Rundruf bei Fanklubs verschiedener Bundesliga-Vereine aus Fürth und dem Umland ergibt: Viele Anhänger haben die Nachrichten zu „Football Leaks“ bislang gar nicht oder nur am Rande mitbekommen. Klaus Knorr vom SpVgg-Fanklub „Kleeblatt Family‘s“ hat die Meldungen allerdings schon verfolgt. Überrascht ist er nicht, er sieht den Fußball nur als Teil eines größeren gesellschaftlichen Problems: „Egal ob in der Politik, der Wirtschaft oder im Sport - wo wird nicht gemogelt? Der Zusammenhalt geht immer mehr verloren“, sagt er: „Das hält mich aber nicht von meiner Lust am Fußball ab.“

Kleine Vereine benachteiligt?

Was ihn am System des Profifußballs stört, ist, dass kleine Vereine wie die SpVgg Greuther Fürth benachteiligt würden: „Die kleinen Vereine werden klein gehalten, die Großen werden immer größer.“ Dass kleinere Vereine in diesem System auf immer schwächerem Posten stehen, während man großen Vereinen vieles durchgehen lässt, meint auch Matze Schreppel, Vorsitzender der „Sportfreunde Ronhof“. Vor allem die Situation in Spanien verwundert ihn: „Ein Land, das chronisch pleite ist, macht Steuergeschenke an die Fußballvereine. Und viele Studenten müssen gleichzeitig das Land verlassen, weil sie keinen Job finden.“ Die „Football Leaks“-Enthüllungen erstaunen auch ihn nicht: „Dass der Fußball moralisch kaputt ist, weiß jeder.“

Helmut Hack, Präsident der Spielvereinigung Greuther Fürth hatte am Wochenende noch keine Zeit, die Spiegel-Geschichte ausführlich zu lesen. Erst wenn er das getan hat, will er sich dazu äußern. Zumal noch weitere Teile der „Football Leaks“ geplant sind. Im nächsten Teil soll es um die Machenschaften von Spielerberatern gehen. Matze Schreppel ist vor allem darauf gespannt, „wie die Verbände und die großen Vereine darin verstrickt sind.“ Vielleicht erregt das die Gemüter der Fußballfans ja stärker als eine Schwalbe.

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