Der Generationenpakt

27.3.2014, 00:00 Uhr
Der Generationenpakt

© Leberzammer

Die Zahlen, die die positive Wirkung des Einsatzes der Aktivsenioren belegen sollen, muss Thomas Bedall gar nicht nachschlagen, die kennt er auswendig. Während die Abbrecherquote unter Azubis bundesweit bei gut 20 Prozent liegt, sind es laut dem HBS-Schulleiter unter seinen Wirtschaftsschülern gerade einmal drei Prozent. „Wir legen Wert darauf, dass unsere Schüler gut vermittelt werden“, so Bedall, „der Einsatz der Aktivsenioren ist ein wichtiger Baustein unserer Arbeit.“

„Wir sind weder Lehrer noch Eltern der Schüler. Das ist ein großer Vorteil, weil wir an die Sache von außen herangehen“, findet Heinz Steinbock, und Marina Linder nickt zustimmend. Der 67-jährige Erlanger begegnete viele Jahre lang Bewerbern von Angesicht zu Angesicht; nun sitzt er neben der 16-jährigen Marina und geht mir ihr die Bewerbungsunterlagen durch.

Anschreiben, Lebenslauf, Foto — Ideen und Vorlagen hat die Realschülerin bereits im Unterricht und im Berufsinformationszentrum der Arbeitsagentur gesammelt. Aktivsenior Steinbock soll nun noch dabei helfen, ihnen den letzten Schliff zu geben. „Unser Ziel ist es, dass die Bewerbungen auf den kleinen Stapel kommen“, erklärt Karin Führ, die die Einsätze der Senioren an der Real- und Wirtschaftsschule in der Fürther Südstadt koordiniert.
Der kleine Stapel ist der, auf den jene Bewerber landen, die zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden. „Warum Du? Warum dieser Beruf?“, das sind die zentralen Fragen, die die Jugendlichen beantworten sollen, damit sie sich von den Mitbewerbern abheben. Schreiben müssen die Schüler ihr Anschreiben allerdings schon selbst. „Wir leisten Hilfe zur Selbsthilfe“, macht Karin Führ deutlich.

Weniger um Formulierungen oder den passgenauen Lebenslauf drehen sich die Gespräche zwischen Günter Kisskalt (73) und Phillip Eckert (16). Der Realschüler hat schon einen konkreten Berufswunsch: Ingenieur. „Da haben sich zwei gefunden“, meint Kisskalt mit einem aufmunternden Lächeln. Schließlich hat er selbst in diesem Beruf gearbeitet, bevor er sich vor sechs Jahren den Aktivsenioren anschloss.
„Fachoberschule oder Gymnasium?“, erkundigt sich Phillip nach dem Rat des Älteren für den besten Weg zur Hochschulreife. Vor ihnen liegt ein Organigramm auf dem Tisch, das die Ausbildungsmöglichkeiten in Bayern von der Grundschule bis zur Universität skizziert, eine Art Straßenkarte durch das Bildungssystem. Kisskalt tendiert zur Fachoberschule: „Französisch oder Spanisch sind ja schön zu haben, aber im Ingenieurwesen zählt zu allererst gutes Englisch.“ Selbstverständlich rate er nicht jedem zu einem Studium, „aber wenn jemand das Potenzial hat, soll er es machen.“ Dabei vergessen die Aktivsenioren auch nicht zu erwähnen, dass die berufliche Karriere manchmal Umwege erfordert. „Um Enttäuschungen vorzubeugen, sollte sich die Jugendlichen immer einen Plan B bereit halten“, rät Karin Führ. Gerade weil sich die Lehrstellensituation derzeit für Bewerber so günstig darstelle, sollte ganz gezielt nach der passenden Ausbildung gesucht werden. Mit Know-How und Erfahrung tragen die Senioren ihren Teil dazu bei.

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