Der Kandidat der Einzelkämpfer-Koalition

10.3.2011, 09:00 Uhr
Der Kandidat der Einzelkämpfer-Koalition

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Da die „Freien“ lediglich eine Interessengemeinschaft sind, die sich aus Freien Wählern/PWG, FDP und ÖDP formiert haben, um eine gemeinsame Kandidatenliste für die Stadtratswahl 2008 aufzustellen, war nicht ganz klar, ob das Zweckbündnis tatsächlich einen Kandidaten nominieren kann. Der in solchen Fragen kundige Fachmann im Rathaus ist längerfristig erkrankt.

Jurist Baritsch riet deshalb zu dem Schritt, in zwei Wahlgängen abzustimmen: Einmal unter den FW, das andere Mal unter den Freien. „Dann“, so der 36-jährige, selbstständige Rechtsanwalt, „sind wir auf jeden Fall auf der sicheren Seite, denn als FW-Bewerber wäre ich dann auf jeden Fall nominiert.“ Von den dicken Stimmzettel-Stapeln, die der Kandidat vorbereitet hatte, blieben allerdings die meisten ungenutzt.

Drei FWler — mit dem Kandidaten — waren anwesend, das gab drei Stimmen für den Bewerber. Auch die zehn Freien nominierten ihn einstimmig, Zahlen, die belegen, dass Baritschs Kandidatur nicht auf allzu breiter Basis steht: Der Organisationsgrad der Beteiligten ist, vorsichtig formuliert, eher gering. Neun Mitglieder zählen die FW laut Baritsch im gesamten Stadtgebiet, er selbst fungiert als Ortsvorsitzender. Die ÖDP verzeichnet fünf. Und wie viele FDP-Mitglieder in Zirndorf leben, ließ die anwesende Kreisvorsitzende Agnes Meier offen: „Unsere Zirndorfer FDPler sind sehr schüchtern.“

Dass sich die Freien als Koalition der Einzelkämpfer präsentieren, ist für Baritsch nicht von Nachteil. Es zeichne die Freien aus, dass sie von niemandem die Mitgliedschaft erwarteten, sondern offen für alle und speziell diejenigen seien, die sich nicht an eine Partei binden wollen. An Sympathisanten fehle es nicht.

Die Entwicklung der Freien erläuterte Ba-ritsch anhand von Zeitungsnotizen der Vergangenheit: Vor fünf Jahren formierten sie sich, um den drei etablierten Parteien eine unabhängige Kraft gegenüberzustellen. Erste Treffen spielten sich in einer Dreierrunde ab, FW-Urgestein Hans Döllinger, Franz Forman aus Oberasbach als Unterstützer und Baritsch ebneten den Weg. Im Mai 2007 sei es erstmals gelungen, einen „kompletten FW-Vorstand mit allem Drum und Dran“ zu wählen. Über das Bündnis mit FDP und ÖDP holten sich die Freien auch das Personal, um bei der Stadtratswahl 2008 alle 30 Platzhalter auf ihrem Wahlvorschlag mit verschiedenen Namen zu füllen. Und sie schafften damals, was keiner, zuletzt SPD und CSU, ihnen zugetraut hätte: Sie holten drei Sitze.

Mit den drei grünen Mandatsträgern haben sie seitdem eine Macht im Stadtrat, die weit über das hinausgeht, was ihnen das Wählervotum eigentlich zustand: Sind sich die je zwölf Vertreter starke SPD und CSU-Fraktion uneins, fungieren die Kleinen als Zünglein an der Waage.

„Hätten wir uns mit unseren Anliegen bei CSU oder SPD aufgehoben gefühlt, hätten wir uns sicher einen Kandidaten gespart“, so Baritsch. „Doch wenn’s drauf ankommt, hängen die zwei Großen immer zusammen.“ So sei das auch gewesen, als die Freien beispielsweise beantragten, die Anfragen der Stadträte vom nichtöffentlichen in den öffentlichen Teil zu nehmen, wie es andernorts übliche Praxis ist. In Zirndorf aber mauerten CSU und SPD. Noch offen sei zudem, ob die Grünen einen Kandidaten stellten. „Also machen wir’s halt selbst“, so Baritsch.

Er plant einen Themen-Wahlkampf: Den Leerstand in der Innenstadt („Jeder sechste Quadratmeter, gleich ob gewerblich oder als Wohnraum genutzt, steht leer“) will er in den Fokus rücken. Im Fach Tourismus könne Zirndorf stärker vom FunPark profitieren, glaubt er. Und auch die Situation der Außenorte hält er für bedenklich: „Da gibt es kaum mehr Einkaufsmöglichkeiten.“

Direkte Demokratie wagen

Großes Anliegen sei den Freien Transparenz und Bürgernähe. Stärker wolle man die Bevölkerung animieren, die Mittel direkter Demokratie zu nutzen. In Zirndorf werde viel zu viel unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgehandelt, kritisieren die Freien die politische Praxis im Rathaus. Einen patriarchalischen Führungsstil kreiden sie Amtsinhaber Thomas Zwingel (SPD) an. In Anspielung auf dessen Beanstandung des Mehrheits-Beschlusses im Stadtrat, nicht öffentliche Protokolle an die Stadträte herauszugeben (siehe Artikel oben rechts), meinte ein Freier: „Wir bräuchten hier mal eine Rechtsaufsicht, die klarstellt, dass so viel Geheimniskrämerei unzulässig ist.“

Baritsch kommentiert derlei mit beifälligem Nicken. Er gibt sich kämpferisch: „Bei der Bürgermeisterwahl starten wir jetzt die Aufholjagd von null auf 50 plus x Prozent.“ Zwingel hält er für „schlagbar, viele Leute sind unzufrieden mit ihm“. Und die CSU demontiere ihre designierte Bewerberin, noch bevor sie nominiert sei, selbst. Wegen der Personalie habe es bereits Austritte gegeben.