Der korrupte Langenzenner Biedermann

24.6.2016, 06:00 Uhr
Der korrupte Langenzenner Biedermann

© Foto: Sabine Rempe

Pfiffe gellten durch den Zuschauerraum, als sich im März 1808 nach der Uraufführung von Kleists „Zerbrochenem Krug“ im Weimarer Hoftheater der Vorhang senkte. Der große Erfolg kam mit Verspätung, doch dafür umso nachhaltiger. Das Stück wurde zum Dauerbrenner. Kein Wunder, sagt Frank Landua: „An einem Mann, der Amt und Stellung zu seinem eigenen Vorteil ausnutzt, ist absolut nichts antiquiert.“


Dorfrichter Adam ist der korrupte Biedermann, der über seine eigene Tat zu Gericht sitzen soll. Eine Rolle, die seit knapp zwei Jahrhunderten für die in Frage kommenden Darsteller zu einer der begehrtesten überhaupt gehört. Emil Jannings zelebrierte diesen Part 1937 im Film. Für Landua ein Maßstab: „Diese Haltung, die er darin als Adam zeigt, die will ich beibehalten.“


Zeitlose Doppelbödigkeit


Was jetzt nicht bedeutet, dass die Inszenierung der Langenzenner Klosterhofspiele irgendeine Art von Retro-Charme entwickeln will. Landua will „dieses Stück in die Wahrhaftigkeit bringen“. Jeder, der in diesem Spiel sein Süppchen kocht, hat doppelbödige Absichten und Gedanken – und ist damit so modern und zeitlos, als sei die Komödie taufrisch. Mühelos zählt Landua bekannte Namen unserer Tage auf, deren Träger zunächst durch ihre hohen moralischen Ansprüche auffielen – bevor sie selbst ertappt wurden. „Genauso ist die Psychopathologie dieses Dorfrichters: Erst setzt er sich über andere, um sich dann als heimlicher Übeltäter zu blamieren.“


Der Regisseur will die zehn Darsteller „aus der Zeit holen“, indem jeder im Outfit einer anderen Epoche antritt. Schreiber Licht (Alexander Heubeck) erscheint im adretten Anzug. Der Gerichtsrat (Jürgen Klostermeyer, der die Rolle bereits einmal unter Kraft-Alexander spielte) tritt im Blazer auf, der keck mit einer historischen Perücke kombiniert ist. Büttel und Ruprecht (Heinz Günter Hey und Richard Höfler) kommen im Blaumann, samt gelben Gummistiefeln. Dagegen legt Frau Marthe (Sabine Hiemer) ein ganz klassisches Gewand an und zetert unter einer schicklichen Haube.


Und der Dorfrichter? „Ich werde einen weißen Leinenanzug tragen“, verrät Landua. „So ein bisschen Lebemann, ein bisschen Schicki-Micki.“ Darunter walten allerdings Dessous aus bravem Feinripp in unschuldigem Weiß. Ein Anblick, der dem Publikum gleich zu Beginn präsentiert wird. Dass in dieser Szene auch das prächtige Phönix-Tattoo auf Landuas linkem Arm zur Geltung kommt, gehört mit zum Sprung durch die Zeiten, den die Kostümwahl vor Augen führen soll. „Wir wollen das alte Thema in die Neuzeit befördern.“


Für die hochmotivierte Truppe der Klosterhofer lautet die Vorgabe: „Klassisch und bodenständig spielen.“ Zur Hauptarbeit im fleißigen Ensemble, sagt der Regisseur, gehörte die Arbeit an Kleists Sprache. „Der Text ist wunderschön und ziemlich genial“, lobt Landua.


Einfach auf die Bühne zu bringen, sei er allerdings nicht, da müsse eben geübt werden. Eines weiß er definitiv: „Einen fränkischen Anklang gibt es nicht.“


Alle Sparten besetzt


Was es aber bei den Klosterhofern garantiert gibt, das ist eine Crew, die in allen Sparten aktiv ist. Ein junges Technikteam (Leitung Michael Zintl) ist im Einsatz. Am Schminktisch sind Christine Huber, Thea-Martina Seidel und Katherina Back für die Maske aktiv. Sabine Hiemer sorgt für die Kostüme, Claudia Lindenmeier betreut die Requisiten. Erfahrene Besucher im Klosterhof wissen aber zum Beispiel auch, dass das „Häppchen-Team“ kreative Überraschungen bietet, die vor jeder Vorstellung ab 19 Uhr auf dem Programm stehen.


„Der zerbrochene Krug“ von den Klosterhofspielen Langenzenn: Premiere, heute 20.30 Uhr. Weitere Aufführungen bis 30. Juli. Tickets unter www.klosterhofspiele.de
 

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