Der Roßtaler Schulhund Ariella

8.7.2016, 13:00 Uhr
Der Roßtaler Schulhund Ariella

© Foto: Petra Fiedler

Langsam kehrt Ruhe ein. Die Kinder haben eine Sitzreihe in Hufeisenform gebildet. Am oberen Ende hat Tanja Rossmeisl ihren Platz. Vor ihr am Boden, auf einer flauschigen Decke, liegt Ariella. Der Hund mit dem hellen Fell und den dunklen Tupfen wirkt entspannt, hält die Augen geschlossen. Erst am Ende der Stunde wird man wahrnehmen, wie anstrengend die Arbeit mit so vielen Kindern für das Tier ist. Denn nicht alle Schüler bleiben ruhig sitzen, sondern zappeln herum, müssen zur Toilette, haben Durst. Der Hund nimmt all diese Störungen auf und bleibt dennoch der ruhende Pol.

Doch jetzt bricht Ariella erst einmal zu ihrer Begrüßungsrunde auf. Jedes Kind darf Ariella streicheln, sie vielleicht auch ein wenig in den Arm nehmen. Wie mit einem Tier umzugehen ist, hat Tanja Rossmeisl mit ihren Schülern trainiert. „Die Freude ist natürlich bei Kindern, die kein eigenes Haustier, geschweige denn einen eigenen Hund betreuen können, besonders groß“, sagt die Lehrerin und verweist auf so manch inniges Lächeln in einem Kindergesicht.

Die Mädchen und Buben in Rossmeisls Klasse haben schon viel über den Umgang mit Tieren gelernt. Yannis und Philipp übernehmen die erste Aufgabe. Sie erklären den Unterschied zwischen einer Begrüßung unter Menschen und der Begrüßung unter Hunden. Nina erläutert, dass es bei der menschlichen Begrüßung höflich ist, sich in die Augen zu sehen, Hunde hingegen nehmen das als Aggression wahr. Samuel weiß, warum sich Hunde am Po beschnuppern: „Das ist die Information für Hunde. Sie erfahren dadurch, wie alt der Hund und ob er männlich oder weiblich ist.“

„Im Heimat- und Sachkunde-Unterricht wird vor allem das Wissen über Hunde und der richtige Umgang mit ihnen erarbeitet“, erklärt die Pädagogin und ergänzt: „Der große Wert der tiergestützten Pädagogik liegt im sozialen und emotionalen Bereich.“

So bricht der Hund mit seiner Unvoreingenommenheit das Eis, wenn Kinder Scheu haben bei der Kontaktaufnahme. Sie können sich über das Tier leichter an Erwachsene wenden. Ein Spiel mit dem Hund oder eine Übungssequenz mit ihm können als Belohnung für fleißiges, konzentriertes Arbeiten dienen.

Und der Hund ist Katalysator. Was damit gemeint ist, erklärt Rossmeisl so: „Der Hund beruhigt, erweckt Vertrauen und motiviert allein durch seine Anwesenheit.“

Mit Hündin in der Kummerecke

Was die Pädagogin aber auch beobachtet hat: „Der Hund ist Identifikations- und Projektionsobjekt.“ Will heißen: Über das Tier kann das Kind eigene Wünsche und Probleme besser benennen. Deshalb dürfen sich Kinder auch mit dem Hund in die Kummerecke zurückziehen, wenn es denn notwendig ist. Sie können Ariella Briefe schreiben, in denen sie ihre Nöte schildern. „Gerade am Montag ist Ariella als Kümmerer sehr gefragt“, berichtet die Lehrerin. „Da gibt’s kein Gelächter oder Stänkereien, wenn ein Kind sein Herz bei Ariella ausschüttet.“

Ein Vierbeiner, dem diese Aufgabe zugemutet wird, muss naturgemäß über entsprechende Eigenschaften verfügen. Ariella ist gutmütig und vertraut Menschen. Die weitere Voraussetzung für die Arbeit als Schul- und Klassenhund ist natürlich eine grundlegende Ausbildung. „Ich bin von Anfang an mit Ariella in die Hundeschule gegangen, habe spezielle Sozialisationsstunden, Gehorsamkeitstraining und den Hundeführerschein absolviert“, erzählt Tanja Rossmeisl.

Für Ariellas Einsatz an der Grundschule Roßtal hat sie eigens ein pädagogisches Konzept erstellt. Ein Schul- und Klassenhund darf ihr zufolge nur von Pädagogen geführt werden. Schließlich muss es auch rechtlich abgesichert sein, wenn in der Schule Kinder und Tier aufeinandertreffen.

Ein Lehrer allein stemmt natürlich die Aufgabe mit einem Schul- und Klassenhund nicht. Schulleiterin Christine Gerhardt sagt, sie sei von Anfang an aufgeschlossen gewesen. Und als ihr von Tanja Rossmeisl bedeutet wurde, dass mit Ariella der richtige Hund zur Verfügung stünde, habe sie Interesse signalisiert. „Ich bin ohnehin dafür, neue Konzepte zu testen und nicht nur Bedenken zu formulieren“, betont Gerhardt. Mit dem Gedanken der tiergestützten Pädagogik hatten Gerhardt und Rossmeisl also einige Zeit geliebäugelt. „Dann wurde die Fortbildung angeboten“, erzählt Gerhardt. Der Einsatz eines Schulhundes in Roßtal sei damit beschlossene Sache gewesen.

Ariella hat ihre Sache an diesem Tag sehr gut gemacht. Tanja Rossmeisl nimmt ihrem Hund jetzt das Halsband ab, das Ariella bei der Arbeit trägt. „Schulhund Ariella“ steht darauf. „Jetzt weiß Ariella, dass Feierabend ist“, erklärt Tanja Rossmeisl. Und sie weiß auch, dass Ariella jetzt erst einmal viele Stunden Schlaf braucht. Beim nächsten Einsatz ist sie dann wieder ganz für die Kinder da.

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