Dialekt ist ein Stückle Heimat

21.10.2018, 16:00 Uhr
Dialekt ist ein Stückle Heimat

© Foto: Thomas Scherer

"Dialekte müssen erhalten bleiben", postuliert Jürgen Leuchauer, "der Dialekt ist ein Stückle Heimat, egal woher man kommt!" In Zeiten der Globalisierung, des technoid verseuchten Hochdeutsch, des Denglisch und des gewollt simplen "Schulhof-Deutsch" ist die Rückbesinnung auf die Sprache der Altvorderen aus der Provinz eigentlich nur begrüßenswert. Bloß darf sich dieses Faible nicht in Nostalgie erschöpfen, sondern will gelebt, gefühlt und gesprochen sein. Und wo lebt und fühlt man am intensivsten? Genau: in der Kneipe, beim Flirten, im Fußballstadion, beim Familientreffen und im warmen Bett zu zweit. Dort wird gestritten, gelitten, gekeift, verführt und geliebt.

Das sind dann auch die Schauplätze und Situationen, die Leuchauer, Jahrgang 1948, beleuchtet. Wobei er besonders die Vorliebe der fränkischen Mundart für Paradoxien und Mesalliancen hervorkehrt. Die Vereinigung von Gegensätzen in Redewendungen wie "a weng viel" oder "furchtbar schee", in Aufforderungen wie "dou dich langsam mal schicken" oder "wart mal schnell" ist in der Tat ein Phänomen, das Philologen wie Philosophen gleichermaßen vor Rätsel stellt. Auch "Hoppala" ist ein Ausdruck, der ebenso viel Verwunderung wie Entschuldigung umschreibt, der gleichermaßen Freude, Desillusionierung und die Erkenntnis des Sinns des Lebens illustriert.

"Gäih weider — hogg di her", war Leuchauers vorheriges Buch betitelt, nun legt er mit "Allmächd — des aa nu!" noch eins nach. Zur musikalischen Auflockerung stimmt der gebürtige Nürnberger, der sich in die Fürther Südstadt traut, Lieder vom Strebala und von Maximilian Kerner an, die beide vom Himmel aus zuhören, auch Peter Alexanders "Die kleine Kneipe" erfährt ihre Verfränkelung zum "Kleinen Wirtshaus in unserer Stross da".

Gerne erzählt er auch von seiner Ausbildung zum Schriftsetzer in den Sechzigern, als der Azubi noch Stift hieß, man in Kneipen ging, die heute längst nicht mehr stehen, und deren Betreiber und Zubehör längst auf dem Friedhof liegen.

Jürgen Leuchauers Bücher gibt es im FN-Zeitungsshop (Schwabacher Straße 106, Tel. 2 16 27 77) zu kaufen.

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