Die FDP am Tiefpunkt in der Wählergunst

6.11.2014, 13:00 Uhr
Die FDP am Tiefpunkt in der Wählergunst

© Foto: Sabine Dietz

Doch Plakate, Flyer oder Anzeigen der FDP-Bewerber sucht man im Vorfeld der Kreistags-Nachwahl vergeblich. In der Wahlkampfkasse des Kreisverbandes ist längst Ebbe. Mit den fehlenden Mandatsträgern auf überregionaler Ebene ist eine wichtige Einnahmequelle weggebrochen, erklärt Kreisvorsitzende Agnes Meier aus Stein. Und mit den Beiträgen von gerade 70 Mitgliedern in Stadt und Landkreis Fürth ist nicht groß Staat zu machen.

Die Nachwahl hatten die FDPler nicht unterstützt. Von der Regierung um Stellungnahme gebeten, formulierte Meier ein Musterschreiben für die FDP-Kreistagsbewerber. Der Tenor: Wenn das Verhalten der zwei Bürgermeister nicht rechtens war, müsse die Kreistagswahl wiederholt werden, auch wenn die FDP nicht begeistert davon sei. Danach führten interne Querelen dazu, dass sechs Bewerber von der FDP-Liste absprangen.

Vor diesem Hintergrund bekennt Agnes Meier überraschend ehrlich: „Ich habe keine Lust mehr, nach zwei Wahlkämpfen noch einen weiteren privat zu finanzieren.“ Zumal sie die Chancen, zusätzliche Leute in den Kreistag zu bekommen, als eher gering einstuft. Die Kreisvorsitzende selbst — sie ist hinter Johann Tiefel, Bernhard Gottbehüt, Andreas Haas und Georg Ruf auf der Bewerberliste platziert – sieht sich mit ihrem Amt als Steiner Stadträtin und neuerdings auch als stellvertretende Bezirksvorsitzende andernorts ausgelastet.

Ihr Blick auf den Zustand der eigenen Partei ist kritisch und unbeschönigend. Sie kennt die Analysen, denen zufolge die FDP als zu kalt, zu egoistisch und zu unsozial wahrgenommen wird — und als Partei, die Lobbypolitik für Privilegierte auf Kosten der Gesellschaft betreibt. Ein alte Dame, Jahrzehnte Mitglied der Partei, hat ihren Austritt jüngst damit begründet, dass die FDP schlicht nicht mehr ihre Partei sei, berichtet Meier.

Enges berufliches Korsett

Sie selbst entspricht dem Klischee vom Unternehmer oder Rechtsanwalt, der sich bei den Liberalen findet, überhaupt nicht. Mittlerweile kämen mehr als die Hälfte der Parteimitglieder aus dem öffentlichen Dienst, sagt sie. Zumindest halböffentlich ist auch der Dienst, in dem die 49-Jährige ihr Geld verdient. Als Pastoralreferentin in der katholischen Kirche, angestellt im Dekanat Nürnberg-Süd, ist sie als Klinikseelsorgerin im Einsatz und auf Verwaltungsebene als Vernetzerin der Pfarreien. Sie hat zwar die gleiche Ausbildung wie ein Pfarrer, die sie in der Hoffnung machte, die katholische Kirche könnte sich doch zu weiblichen Diakonen durchringen. Doch daraus wurde nichts. Keine Weihe, ergo keine Pfarrstelle, Leitungsfunktionen im Bistum sind ihr als Frau versagt.

Ein enges berufliches Korsett, das sie dafür verantwortlich macht, dass sie bei der FDP gelandet ist. Als Stadträtin, die sie seit 2008 in Stein ist, könne sie zumindest die Geschicke einer Stadt mitbestimmen. Damals kandidierte sie, noch parteilos, auch als Bürgermeisterin. Der Zusammenhalt, den die FDP bis auf Ebene der Bundestagsabgeordneten demonstrierte, als es darum ging, ihrem Arbeitgeber klarzumachen, dass auch eine Beschäftigte der katholischen Kirche in einer Demokratie die Freiheit haben muss, für eine Partei ihrer Wahl zu kandidieren, veranlasste sie zum Parteieintritt.

Freiheit setzt Agnes Meier gleich mit Menschenwürde. „Ich bin nur frei, wenn ich keine Angst haben muss, dass mich jemand quält, ausgrenzt oder meine Existenz bedroht“, sagt sie. Womit sich ihr Selbstverständnis von Liberalität mit christlichen Werten treffe. Ein etwas idealisierender Blick auf eine Partei, von der sie selbst sagt, dass sie sich erst wiederfinden müsse. Doch an der grundsätzlichen Linie, über die parteiintern nun viel diskutiert wird, habe es der FDP bereits bei der Bundestagswahl 2009 gefehlt. „Nur da stimmten die Ergebnisse noch, also gab es keinen Anlass, sich darüber Gedanken zu machen“, so Meier.

Die FDP habe sich schon immer im Spannungsfeld zwischen den Polen Wirtschafts- und Sozialliberalismus bewegt, was sie auch richtig findet. „Nur wenn’s zu sehr in eine Richtung kippt, funktioniert das jeweils andere nicht mehr.“ So geschehen, indem der marktliberale Flügel der Partei in der Zeit, als man noch Regierungs-Mitverantwortung hatte, zusehends das Ruder übernahm, „ohne darauf zu achten, dass die Wirtschaft auch die anderen am Erfolg teilhaben lässt“. Meier hält ihrer Partei bei aller Selbstkritik allerdings zugute, „dass es einen großen Stamm an Sozialliberalen gibt“.

Auf Kreisebene weiter abzusacken, glaubt die Kreisvorsitzende nicht. Bei den Kommunalwahlen habe die FDP kreisweit ihre Mandate gehalten, auch wenn sie bei der ungültigen Kreistagswahl von drei auf zwei Sitze abrutschte. Nur ein Alleinstellungsmerkmal auf einem Feld zu definieren, dessen öffentlichkeitswirksamste Themen Straßenbau oder die Ausstattung der Schulen sind, fällt ihr schwer. Auf einem Wahlkampfflyer stellte sich FDP fettgedruckt so dar: „Wir sind keine Parteiideologen und unterstützen auch die berechtigten Anträge anderer.“ Die Abstimmungspraxis der bisherigen Kreisräte zeigt, sie tut es an der CSU orientiert.

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