Die Risiken auf dem Hof immer im Blickfeld

10.1.2017, 06:00 Uhr
Die Risiken auf dem Hof immer im Blickfeld

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Herr Bauernfeind, wie sehen Sie sich selbst, wenn Sie zu einer Betriebsbesichtigung kommen? Als Kontrolleur oder als Berater?

Jürgen Bauernfeind: Die landwirtschaftlichen Betriebe werden, je nach Größe, in regelmäßigem Turnus von mir und meinen Kollegen besucht. Wir verstehen uns als Berater und Partner der Landwirte, denn unser oberstes Ziel ist, Unfälle zu vermeiden. Deshalb gehört zu unseren Hauptaufgaben, gemeinsam mit den Unternehmern den Hof auf Unfallrisiken und Gesundheitsgefährdungen hin zu besichtigen. Gibt es Gefahrenstellen, beraten wir, welche Möglichkeiten sich anbieten, diese Unfallquellen zu entschärfen.

Höfe sind oft im stetigen Wandel. Ställe werden umgebaut, Maschinen angeschafft – können Sie für neue Vorhaben auch Hinweise geben?

Bauernfeind: Viele Landwirte nutzen unsere Besuche gleich, um sich mit uns über künftige Projekte zu unterhalten. Sei es der Stallneubau oder die Installation einer Photovoltaikanlage. Wir können ja aufgrund unserer Ausbildung und unserer Erfahrung viele Anregungen geben.

Wie viele Landwirte verunglücken jährlich?

Bauernfeind: Wir haben nur den Überblick über die Versicherten der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften (LBG). 2015 wurden bundesweit rund 80 800 Unfälle mitgeteilt. Diese Zahl ist immer noch sehr hoch, allerdings ist sie im Vergleich zum Vorjahr um acht Prozent zurückgegangen. Das ist eine erfreuliche Entwicklung. Für uns heißt das, unsere Arbeit trägt Früchte und die Menschen achten immer mehr auf ihre Sicherheit. Tödliche Unfälle verzeichnete die LBG 140. 2014 waren es 166 und im Jahr 2000 noch 261.

Was sind Hauptunfallursachen?

Bauernfeind: Ein Viertel aller Unfälle geschieht im Umgang mit Tieren. Über 20 Prozent der tödlichen Arbeitsunfälle ereigneten sich bei der Wald- und Forstarbeit.

Wie verschaffen Sie sich einen Überblick auf den Höfen?

Bauernfeind: Wichtig ist mir ein gemeinsamer Gang über den Hof mit dem Unternehmer. Direkt vor Ort zeige ich den Versicherten, auf welche sicherheitstechnischen Anforderungen sie achten müssen.

Wo liegen die kritischen Punkte?

Bauernfeind: Besonderes Augenmerk lege ich auf sichere Betriebs- und Arbeitswege. Landwirte müssen bei jedem Wetter draußen arbeiten. Dazu kommt, dass auf einem Bauernhof häufig auch Kinder oder ältere Menschen leben. Gerade alte Menschen sind besonders sturzgefährdet. Wenn es, wie jetzt, draußen glatt oder rutschig wird, müssen die Wege passen. Tatsächlich verunglücken jedes Jahr mehrere tausend Versicherte, weil sie stürzen.

Was sollte ein Landwirt unbedingt beachten?

Bauernfeind: Er muss Prioritäten setzen, den Überblick bewahren, und kontinuierlich an der Arbeitssicherheit auf seinem Betrieb arbeiten. Es gibt immer wieder Kleinigkeiten, die repariert werden können, wenn die Zeit dafür günstig ist.

Wann wird es richtig gefährlich?

Bauernfeind: Manche Mängel sind so gravierend, dass sie sofort beseitigt werden müssen, denn von ihnen geht eine Gefährdung für Leib und Leben aus. Da habe ich schon einiges gesehen: fehlende Absturzsicherungen an Bodenöffnungen oder defekte Leitern. Unvollständige Schutzvorrichtungen, etwa bei Kreissägen oder Förderschnecken, können wirklich lebensgefährlich sein. Auch Arbeiten im Wald und die Brennholzaufarbeitung sind sehr unfallträchtig. Hier sollten nur die Profis mit den schweren Gerätschaften arbeiten und die persönliche Schutzausrüstung für den Forst muss immer komplett sein.

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