Echt jetzt, Zirndorf?

18.11.2017, 17:40 Uhr
Echt jetzt, Zirndorf?

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Schon bei dem Namen kann man alles verkehrt machen: Herr Hoëcker wird nicht "Höcker" ausgesprochen, sondern "Ho-ecker". Um das grafisch zu kennzeichnen, gibt es das Trema. So heißt der quer liegende Doppelpunkt überm e. Über diese Taste verfügt aber nicht jede PC-Tastatur. Und so ist das Missverständnis programmiert. Aber man stelle sich vor, Deutschlands größter Dichter hörte auf den Namen Go-ethe?

Hat schon die (Aus-)Sprache ihre Tücken, so die Zeichensprache nicht minder. Je nach Kulturkreis, so verrät Hoëcker , wechselt die Bedeutung der Gestikulation. Der gereckte Daumen, in Deutschland Zeichen der Anerkennung, dient in Griechenland und der Türkei dem Zweck, den wir dem gereckten Mittelfinger zuerkennen. Das Tippen an den Kopf drückt bei uns Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit aus, in Peru hingegen ist es ein Kompliment an die Geisteskraft.

Der Ring, den Daumen und Zeigefinger formen, sagt hierzulande "Alles in Ordnung", Brasilianer hingegen verstehen es als Zeichen für den Hintern. Und wie nun derlei Zeichensprache beim Trampen oder gar unter Wasser zu internationalen Misshelligkeiten führen mag, führt Hoëcker (im Jesus-Shirt mit dem Arnie-Spruch "I’ll be back!") eindrucksvoll vor.

Doch will er gar nicht unbedingt von sich erzählen. Wissbegierig fragt er im Publikum nach Zirndorf, staunt über die Namensvielfalt der umliegenden Dörfer ("Eure Ortsnamen — ihr wollt doch ernst genommen werden?") und informiert sich über Zirndorfs Zuganbindung an die weite Welt sowie die Verspätung der Regionalzüge. Der Mann an der Technik mit heißem Draht zum Internet bannt im Nu alte Fotos vom Zirndorfer und Cadolzburger Bahnhof auf die Leinwand. Fotos, die in ihrer Stimmung aus Gottverlassenheit und Provinzialität Begeisterungsstürme wecken. Das muss man den Zirndorfern lassen: Sie verfügen über sehr viel Selbstironie.

Darüberhinaus erfährt das Publikum allerhand über richtige und falsche Wahrnehmung. Etwa über den Eindruck, stets in der längsten Warteschlange im Supermarkt zu stehen. Woran liegt das? Einmal, dass die meisten Menschen sich instinktiv in die rechte Schlange stellen, da die meisten Rechtshänder sind. Zum anderen sind da die jungen Leute, die vor der Kasse unbedingt noch telefonieren müssen, "denen rinnt die Zeit durch die Finger, Anfang Zwanzig und kurz vorm Tod".

Zum Schluss outet Bernhard Hoecker sich als Heavy-Metal-Fan: "Zimmerlautstärke ist, wenn man meine Musik in allen Zimmern des Hauses vernimmt." Fast schon überflüssig zu erwähnen, dass die von Headbangern gereckte Satansklaue in Südeuropa als besonders garstige Geste goutiert wird — als Zeichen dafür, dass man dem Gegenüber Hörner aufsetzt und mit dessen Frau unerlaubte Dinge treibt. Richtig kompliziert, diese Welt.

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