Eine Comödie voller Weissagungen

21.3.2017, 17:03 Uhr
Eine Comödie voller Weissagungen

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Wie war das schön damals in den siebziger Jahren, als uns Hoimar von Ditfurth in der TV-Sendung "Querschnitt" die Welt erklärte. Unvergessen jene Sendung, in der er ein Werbefilmchen aus den Sechzigern zeigte, das voller Optimismus über die Welt in zehn Jahren räsonierte. Schon damals hatten die Futurologen gnadenlos daneben gelegen.

Daran hat sich bis heute nichts geändert. Im Gegenteil, da hat sich so vieles an Prophezeiungen aufgehäuft, dass ein Vince Ebert mit dem Material eine ganze Profession bestreiten kann. Man denke nur an den Verfall der deutschen Sprache: "Zukunft is the Future", so nennt Ebert sein Programm. Den Irrwitz dieses Titels bemerkt man erst beim zweiten Hinsehen, so sehr hat das Werbe-Denglish das Umgangsdeutsch infiltriert.

Im ersten Teil widmet sich Ebert der Geschichte der Zukunft — also all den Voraussagen, die damals toll waren und heute hanebüchen klingen. Wie etwa Rucksackraketen für Jedermann. Oder die Pille für den Mann. Doch, die gibt es heute, aber in umgekehrter Stoßrichtung: Hochpotenz statt Verhütung. Dann all die Erfindungen, die keiner in der Glaskugel sah: Porzellan und Tesafilm. Internet und Smartphone. Rudolf Moshammer wäre heute noch am Leben, hätte sich das schnurlose Telefon früher durchgesetzt. Ganz zu schweigen vom Genderkrieg und der Verwirrung der Geschlechter.

Warum stehen wir heute da, wo wir sind? Und warum neigen wir zur Schwarzmalerei? Ebert vermutet: "Der Steinzeitmensch hat bloß deshalb überlebt, weil er stets mit dem Schlimmsten gerechnet hat." Er bringt dann seine eigene Biographie ins Spiel. Aufgewachsen in Wertheim im Odenwald, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, abgehängt von jeglichen Errungenschaften des Fortschritts, musste er sich mühsam seinen Weg ins Hier und Heute erkämpfen. Mit diesem Kunstgriff nimmt Ebert seine Zuschauer an die Hand und führt sie durch die Geschichte des Fortschritts und seiner (Fehl-)Entwicklungen.

Und heute, an der Schwelle zur Zukunft der Zukunft? Da steht neben dem Entertainer ein sprechender Roboter auf der Bühne, ein Flachbildschirm mit glühendem Auge und einer angenehm femininen Stimme. Diese künstliche Intelligenz namens Val ("2001" lässt grüßen) flirtet, argumentiert und streitet mit Vince, dass es nur so eine Freude ist; wenn’s sein muss, auch mit Wiener Schmäh.

Mit der Künstlichen Intelligenz etwa, so lernt der Zuschauer, verhält es sich wie mit jeder Beziehung zwischen Mann und Frau. "Da gelten zwei Regeln", warnt Ebert seine Zuhörer: "Liegst du falsch, gib es zu. Liegst du richtig, dann halt die Klappe!" Das führt rasch zu ewigen Weisheiten wie "Je größer der Heuhaufen, umso schlechter findest du die Magd".

Zwei gegenläufige Strömungen sieht Ebert beim Blick in die Zukunft. "1960 verkündete Präsident Kennedy, die Mondlandung fände noch in diesem Jahrzehnt statt, so kam es auch. Heute stehen um ein neues Projekt Dutzende von Bedenkenträgern und Nachhaltigkeitsexperten, und die Gleichstellungsbeauftragte sorgt dafür, dass alles gerecht zugeht." Andererseits gebe es ermutigende Trends wie immer längere Lebensdauer und sinkende Armutsquoten. Doch trotz aller Errungenschaften bleibt als ewige Konstante das menschliche Unvermögen, mit dem Fortschritt Schritt zu halten. Mit der Erfindung des Autos etwa ging eben Ebert zufolge auch die Erfindung des Autounfalls einher: "Heute bleibt die Küche kalt, denn Mutti war nicht angeschnallt."

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