Eine gute Zeit, um Azubi zu werden

6.8.2011, 16:00 Uhr
Eine gute Zeit, um Azubi zu werden

© Norbert Millauer/ddp

Das Blatt hat sich gewendet: Nach Jahren, in denen Hauptschüler und ihre Eltern Bauchweh hatten, weil es düster aussah auf dem Ausbildungsmarkt, ist es nun die andere Seite, die sich fürchtet. Personalchefs, Handwerksmeister und Unternehmer, die Ausbildungsplätze zu besetzen haben, müssen sich darauf einstellen, dass sie nicht länger die Qual der Wahl haben oder ganz ohne Azubi dastehen: „Bei manchen meiner Kollegen bewirbt sich schon jetzt niemand mehr“, sagt Kreishandwerksmeister Konrad Ammon besorgt.

Weil die Schülerzahlen rückläufig sind und mehr junge Menschen einen höheren Schulabschluss anstreben, schrumpft der Bewerberpool, aus dem sich die Betriebe bedienen. Auch in Fürth.

Eine gute Nachricht ist das für die Jugendlichen: „Wer einige Dinge beachtet, hat momentan eine hervorragende Situation“, sagt Pia Kutzera, Leiterin der Fürther Arbeitsagentur. Bewerber, die beim Vorstellungsgespräch pünktlich sind, sich zurechtgemacht haben und sich zu benehmen wissen, haben laut Kutzera gute Karten — auch wenn im Zeugnis nicht nur Einsen und Zweien stehen.

Zwar sind bei der Bundesagentur für Arbeit immer noch mehr unversorgte Bewerber gemeldet als unbesetzte Ausbildungsstellen, doch die Kluft ist viel kleiner geworden: Der Bewerber-Überschuss ist bundesweit von rund 44300 auf 10100 zurückgegangen. Auch in Fürth ist der Trend zu beobachten. Die Zahl der Lehrstellen, die der hiesigen Arbeitsagentur seit Oktober gemeldet wurden, ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen (bis Ende Juli um 95 auf 930), die Zahl der unversorgten Bewerber dagegen sank.

Keine heile Welt

Auch Udo Göttemann, der den Fachbereich Berufsausbildung bei der IHK Nürnberg leitet, urteilt: „Für die Jugendlichen hat sich die Situation deutlich verbessert.“ In Mittelfranken verzeichne die IHK „ein gutes Plus an neu abgeschlossenen Azubi-Verträgen“. Von einer heilen Welt aber mag Göttemann nicht sprechen. Das Problem: Nicht alle Ausbildungsberufe sind gleich begehrt. Göttemann rät allen, die ihre Traumstelle nicht ergattern können, nach einer Alternative zu suchen und nicht zu warten. Später könne man sich ja beruflich verändern. „Heute ist es nicht mehr so, dass man sein Leben lang bei einem Arbeitgeber bleibt und das Gleiche macht.“

Welche Berufe beliebt sind und welche nicht, bekommt Wilfried Rost, Leiter der Berufsschule 1 in Fürth, jedes Jahr aufs Neue mit. Immer kleiner wird etwa die Gruppe der Fleischer- und Bäcker-Azubis an seiner Schule, auch bei den Friseuren und im Gartenbau sind die Anmeldezahlen rückläufig. „Ehrenwerte Handwerksberufe“ seien das alles, doch sei wenig Prestige mit ihnen verbunden. „Dabei sind die Prüfungsanforderungen alles andere als gering“, sagt Rost. Der Metzger etwa müsse heute auch als Caterer überzeugen.

„Es gibt viele, die sich die Hände nicht schmutzig machen wollen“, sagt Veit Bronnenmeyer vom städtischen Projektbüro Schule und Bildung, das Mittelschüler beim Weg in den Beruf unterstützt. „Und es gibt viele, die lieber Klamotten oder Elektronik verkaufen wollen als Nahrungsmittel.“ Die Bilanz stimme dann freilich nicht: „Wir haben einen Haufen Jugendliche und einen Haufen freier Stellen — und die kommen nicht zusammen.“ So macht sich laut Bronnenmeyer auch die Kfz-Innung schon Sorgen um den Nachwuchs — obwohl der Beruf des Kfz-Mechatronikers bei Schülern sehr beliebt ist.

Über eine andere Gruppe, die kleiner wird, freut sich Bronnenmeyer indes mit Rost: Die Zahl der Jugendlichen, die die Berufsschule 1 besuchen, ohne einen Ausbildungsplatz zu haben, ist in den vergangenen Jahren von 500 auf 200 gesunken.