Einsatz in der Schwelbrennanlage

26.4.2012, 19:00 Uhr
Einsatz in der Schwelbrennanlage

© Antje Seilkopf

Käme jetzt jemand in die große, leere Halle Fürths einstiger Schwelbrennanlage, würde er denken, im falschen Film zu sein oder Zuschauer beim Dreh eines Actionthrillers: Komplett Vermummte, ausgerüstet mit Schutzhelm, -anzug und Sauerstoffgerät, transportieren vorsichtig Behälter mit offensichtlich gefährlichem Material. Danach werden sie sorgfältig abgescannt und aus ihrer Montur gepellt, die sofort in Plastiksäcken verschwindet. Was aussieht wie der Auftakt für einen spannenden Film, ist die Strahlenschutzübung der Berufsfeuerwehr Fürth.

Wie sinnvoll sie sein kann, zeigt die Erinnerung von Joachim Müller. Er weiß noch heute, wie 1986, nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl, auch in Fürth Filteranlagen in Firmen ausgewechselt werden mussten, weil sich dort radioaktives Material angesammelt hatte. Solche Einsätze hatte die Wehr seitdem nicht mehr zu bewältigen, „doch die Gefahr einer Verstrahlung ist immer da“, so der Einsatzleiter.

Bei der Übung wird ein Unfall simuliert, in den ein Pkw und ein Transporter mit radioaktiver Ladung an Bord verwickelt sind. Der Fahrer des Transporters ist verletzt. „Menschenrettung ist die wichtigste Aufgabe bei jedem Einsatz“, kommentiert Müller das, was jetzt geschieht: Mit quietschenden Bremsen kommen zwei Fahrzeuge in die Halle gebraust. Eines davon nennt sich Löschgruppenfahrzeug, das andere GWU, sprich Gerätewagen-Umweltschutz. 16 Personen springen heraus und stellen sich auf. Sie bekommen von Zugführer Gerd Probst ganz kurz die Situation erklärt: austretendes radioaktives Material, ein verletzter Fahrer.

Jeder heftet sich eine Plakette an, die einem Namensschildchen ähnelt. Sie dient als Nachweis dafür, ob einer der Männer beim Einsatz der gefährlichen Strahlung ausgesetzt war. Der Strahlenwert würde, im Ernstfall, an das Landesamt für Umweltschutz geschickt und dort 30 Jahre lang gespeichert, erklärt Müller. So will man eventuelle Spätschäden durch Verstrahlung erfassen. Damit wird klar, dass es bei der Rettung nicht nur um die Personen geht, die aus Gefahrensituationen geholt werden, sondern auch viel Wert auf den Schutz der Berufsfeuerwehrleute gelegt wird, von denen Fürth insgesamt 80 hat.

Schaulustige abhalten

In der Halle herrscht derweil reger Betrieb. Die Feuerwehrleute spannen Absperrseile, um Schaulustige davon abhalten, sich in Gefahr zu begeben. Zwei Männer steigen in die sogenannten kleinen Schutzanzüge, um die verletzte Person zu holen. In gelben Behältern auf ihrem Rücken haben sie „zusammengepresste Atemluft“, wie der Einsatzleiter erläutert. Der vorgeblich verletzte Fahrer stellt sich verwirrt, ist aber ansprechbar. Er wird mit einer stabilisierenden Halskrause versehen und aus dem Gefahrenbereich geführt. In weißen Anzügen aus einem speziellen Stoffgewebe, das sich Aramit nennt, haben nun die zwei Männer ihren Auftritt, die das Gefahrengut in verschiedenen Kartons orten, bergen und in einem speziellen Behälter abholen müssen. Sie haben eine Art Mikrofon am Stiel dabei, mit dem sie langsam über jeden Karton fahren und anschließend die Werte erfassen. Dieses „Dosisleistungsmessgerät mit Teleskopsonde“ reagiert auf Radioaktivität und zeigt an, wo sich der versteckte Strahler befindet. Ist er ausfindig gemacht worden, wird er in einen Bleibehälter gehoben und vorsichtig abtransportiert.

Das Scannen der beiden Feuerwehrmänner, die dem radioaktiven Material bei dieser Übung besonders nah gekommen sind, erinnert an einen sehr gründlichen Flughafen-Check. Kleidungsstück für Kleidungsstück wird mit einem Kontaminationsnachweisgerät geprüft, abgelegt und in große Plastiksäcke verpackt. Die würden im Ernstfall verschweißt und an spezielle Entsorgungsfirmen verschickt werden.

Nach dieser Übung ist Schluss. Einsatzleiter und Zugführer sind zufrieden mit deren Ablauf. Zwar werden die Männer der Wehr eher selten für die Entsorgung von radioaktivem Material angefordert, doch ihr souveränes Agieren ist täglich gefordert. Schließlich leisten sie inzwischen deutlich mehr Einsätze in technischer Hilfe als reine Brandeinsätze. Um Feuer zu löschen, rückte die Wehr rund 400 Mal aus, rund 1000 Mal für technische Einsätze. Sie reichen vom Öffnen verschlossener Türen über Verkehrsunfälle, der Rettung von Katzen bis zum Beseitigen von Ölspuren. All das ist den Feuerwehrleuten jedoch lieber, als mit radioaktivem Material zu tun zu haben. Doch falls dies nötig wäre, das hat die Strahlenschutzübung gezeigt, wüssten die Männer, was zu tun ist.

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