Engagiert wie Louis Kissinger

15.6.2015, 16:00 Uhr
Engagiert wie Louis Kissinger

© Foto: Anestis Aslanidis

Was sie werden will, wird das kleine Mädchen am Ende der Veranstaltung gefragt. Gerade hat es zusammen mit anderen Schülern für die Rektorin gesungen, kurz sogar ganz allein. Die Antwort: „Ein Star!“

Daran, dass Kinder wie dieses Mädchen genauso gute Chancen haben wie andere, ihren Weg zu gehen, arbeitet Ingrid Streck seit Jahren auf vielfältige Weise. Sie hat unter anderem das Konzept für die Vorkurse in Fürth mitgeprägt, in denen Kindergartenkinder, die zuhause nicht deutsch sprechen, gefördert werden. Und sie hat mit Mitstreitern ein Modellprojekt entwickelt, das etliche Biografien geprägt haben dürfte: Hochtalentierte Kinder mit Migrationshintergrund werden dabei unterstützt, sprachlich aufzuholen, um den Übertritt aufs Gymnasium oder die Realschule zu schaffen. Tatsächlich hat sich der Anteil von Kindern mit ausländischen Wurzeln an diesen Schulen erhöht, wie das Publikum im Helene-Lange-Gymnasium bei der Preisverleihung erfuhr.

Der Ort war nicht zufällig gewählt: Das Gymnasium war einst das Fürther Mädchenlyzeum und der Arbeitsplatz von Louis Kissinger. Er war ein begeisterter, engagierter Lehrer, so lange er durfte: 1933 belegten die Nazis ihn mit einem Berufsverbot. 1938 emigrierte Louis Kissinger mit seiner Frau und den beiden Söhnen Henry und dem ein Jahr jüngeren Walter in die USA. Aus Henry sollte später der US-Außenminister werden, Walter Kissinger wurde zu einer bedeutenden Unternehmerpersönlichkeit.

Am Freitag, das hat er sich auch im Alter von über 90 Jahren nicht nehmen lassen, saß Walter Kissinger im Publikum, mit vier erwachsenen Kindern und vier Enkeln. Die Bindung der Kissinger-Brüder zu Fürth gilt, trotz des Leids, das die Familie hier erfahren hat, als innig. Die Brüder waren es, die die Fürther Journalistin Evi Kurz vor Jahren baten, der Stadt Fürth mit Geld aus der Lebensversicherung ihres Vaters etwas Gutes zu tun. Das Ergebnis ist der Louis-Kissinger-Preis.

Von Anfang an habe sie als Pädagogin ein Ziel gehabt, sagt Ingrid Streck: Sie wollte Kinder so bilden, dass sie eigenständige Persönlichkeiten werden, „dass sie sich wertschätzen und andere auch – und in dieser Wertschätzung niemanden aus einem anderen Land ausgrenzen“. 28 Jahre habe sie an Brennpunktschulen gearbeitet, dabei sei ihr klar geworden, dass dieses Ziel viel mit Sprachbildung zu tun hat. Gut überlegt hat sie, was sie mit dem Preisgeld in Höhe von 1000 Euro macht: Ein Flüchtlingskind mit einer nicht geschlossenen Gaumenspalte soll es bekommen – für eine logopädische Förderung.

Keine Kommentare