„Es ist die Hölle“: Fürther auf der Flucht vor der Hitze

6.7.2015, 12:00 Uhr
„Es ist die Hölle“: Fürther auf der Flucht vor der Hitze

© Mark Johnston

„Es ist die Hölle!“, hört man am Sonntagmittag Horst Kiesel am Eingangsschalter des Scherbsgrabenbads rufen, vor dem sich eine lange Schlange gebildet hat. Wirklich unglücklich wirkt er dabei allerdings nicht: Kiesel wünscht sich ja möglichst viele Höllentage im Jahr.

Rund 7000 Menschen sind gestern in sein Freibad geströmt – 1500 mehr noch als am Samstag. So voll sind Freibäder heute selten. Fürs Geschäft sind die heißen Tage wichtig, sie lassen das Defizit am Ende der Saison etwas kleiner ausfallen. Etliche Gäste, die am Wochenende die Freibäder der Region ansteuerten, dürften das freilich mit einer gewissen Furcht vor dieser Hölle getan haben. Sich Wiese und Wasser mit sehr vielen Menschen teilen zu müssen, war für viele aber dann doch das kleinere Übel. Und war man erst mal im kalten Becken, konnte die Sonne schnell ganz wunderbar sein. . .

Weil es abends nicht viel kühler wurde, darf man diejenigen Glückspilze nennen, die zum Nachtschwimmen ins Zirndorfer Bibertbad kamen: Mehr als 500 waren es am Freitag, noch einmal 100 mehr am Samstag.

In jedem Fall hatte die Hitze etwas Verbindendes: Man schleckte Eis zusammen, traf sich zum Grillen, und spätestens als der Autofahrer an einer Fürther Ampel aus dem Fenster schrie „Ist das heiß!“, wusste man, das man nicht alleine litt. Gerne teilten auch die Leser der FN-Internetseite www.nordbayern.de ihre Erfahrungen mit anderen: Sie schickten Fotos von Hunden im Planschbecken oder unter nassen Tüchern, von Katzen mit Kühlpads, bunten Wasserbomben und nackten Füßen im Blütenbad.

„Es ist die Hölle“: Fürther auf der Flucht vor der Hitze

© Fotos: Dittmar, Winckler

Glücklich war auch, wer sich entschloss, den Keller aufzuräumen. Oder: dort zu nächtigen: Eine Matratze im Hobbykeller ist zurzeit sein Schlafplatz, verriet Fürths Oberbürgermeister Thomas Jung den FN. Außerdem hat er den Charme klimatisierter Autos entdeckt: Am Samstag sei er auf elf Terminen gewesen, „es war immer eine Wohltat, ins Auto zu kommen“.

Eine besondere Herausforderung war die Hitze für Babys und Senioren sowie für Menschen mit Herzkreislauferkrankungen und für Muslime, die im Ramadan erst nach Sonnenuntergang essen. „Trinken! Trinken! Trinken!“, das sei der wichtigste Rat für ältere Menschen in diesen Tagen, sagte eine Pflegefachkraft aus einem Fürther Seniorenheim den FN: „Wir müssen da wirklich extrem hinterher sein.“ Zudem achte man darauf, dass die Zimmer abgedunkelt sind, die Leute leichte Kleidung tragen und leichte Mahlzeiten zu sich nehmen. Viele Salate gebe es und Desserts wie Wackelpudding, Fruchtmus oder Eis.

„Es ist die Hölle“: Fürther auf der Flucht vor der Hitze

© Fotos: Dittmar, Winckler

In der Zentralen Notaufnahme des Klinikums wurden schon im Lauf der Woche vermehrt Patienten mit Kreislaufbeschwerden behandelt, sagt Leiter Prof. Harald Dormann. Am Wochenende hielt es sich dann „von den Zahlen erstaunlicherweise in Grenzen“; offenbar hätten sich viele gut darauf eingestellt. Vorbereitet war aber auch die Notaufnahme: mit einem großen Wasservorrat und Kühlpads für Patienten und Angehörige.

Herzkreislaufpatienten rät Dormann zum täglichen Gang auf die Waage: Denn die oft verordneten Wassertabletten entwässern den Körper, zusätzlich verliert man an heißen Tagen „einen halben bis zwei Liter Schweiß am Tag, je nach Aktivität“. Wer also stark abnimmt, sollte die Trinkmenge erhöhen – am besten mit Saftschorlen – oder seinen Arzt kontaktieren. Dass die Hitze nicht jeden ausbremste, bekam Dormann ebenfalls mit: Häufig habe man in den vergangenen Tagen auch Fürther mit leichten Sportverletzungen versorgen müssen.

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