Expedition ins Grenzgebiet

25.5.2018, 19:30 Uhr
Expedition ins Grenzgebiet

© Foto: Kunstverein

Vergesst die eierlegende Wollmilchsau, hier kommt das perlenkettenbehängte Tigerstreifenschwein mit Sonnenbrille! Dorothea Prüglmeier schreckt mit ihren Stoffen und Mustern vor keiner ästhetischen Grenze zurück. Es hat Gründe, warum sie auch, Fotografien belegen es, Volker Heißmann und Martin Rassau mit den Garderoben für Waltraud und Mariechen ausstattet. Weitere Stoffschweinchen in der Funktion von Handtaschen tummeln sich in der Vitrine. Ein Spaß für unkonventionelle Damen und letztlich auch nicht allzu weit entfernt vom bewusst eingesetzten Kitsch eines Jeff Koons — und Kunstgewerbe der besonderen Art. Wobei der Kunstverein Stein in seiner Schau keinen Unterschied zwischen Artefakt und Kunstgewerbe zieht. Das "Werk", der kreative Schaffensakt an sich, steht hier im Vordergrund.

Vielerlei Bilder gibt es zu sehen, in gegenständlicher wie abstrakter Malerei. Bemerkenswert sind zwei wüste Action-Paintings, die Kollision von Gelb mit Blau; das "Neue fränkische Fachwerkdesign", zwei Giebelwände eines Fachwerkhauses, dessen Flächen zwischen den Balken mit verschiedenen Mustern in hauchzarten Farben ausgefüllt sind; blühende Blumen und stramme Männerakte; ein bisschen Ruf der Wildnis in Gestalt des "Anschleichenden Tigers", der aus hohem Gras auf den Betrachter zukommt; eine "Kriegerin" im Art-Déco-Design, die ein wenig an den Roboter aus "Metropolis" erinnern; Drechselarbeiten, Stoffpuppen, Ketten.

Ein Altmeister in der Runde ist der inzwischen 82-jährige Maler Werner Knaupp. Mit einer kalligraphisch ansprechenden Urkunde zum Ehrenmitglied des Kunstvereins Stein ernannt, ist Knaupp mit zwei Ansichten von den "Westmänner-Inseln" vertreten. Auf dieser Inselgruppe vor der Südküste Islands lebt keiner freiwillig. Es sei denn, er ist auf der Suche nach Grenzerfahrungen.

Knaupp reduziert sein malerisches Spektrum auf die Nichtfarben Schwarz, Weiß und Grau und auf die Formen von Kegel, Oval und Kurve. Aus dem Zusammenspiel von Form und Farbe liest der Betrachter einen schneebedeckten Vulkan, dessen schwarzer Krater sämtliches Leben verschluckt, dessen nachtschwarzer Schlund aber auch eine reliefartige Struktur aufweist. Auf einem zweiten Gemälde verdeckt eine schwarze, oben leicht gewellte Fläche den Berg. Eine Woge? Oder dunkler Dampf aus den Klüften?

An der Darstellung des Verfalls der geistigen Kräfte mit bildnerischen Mitteln versucht sich Lothar Mantel in "Demenz" mit leicht verfremdeter Fototechnik. Sein Bild zeigt das Innere eines Stalls mit Blick zur Stalltür. Die Raumachsen sind ins Diagonale gekippt, die aus Latten gefügte Tür gewährt streifenartigen Lichteinfall ins Innere, an den Wänden schimmert der Widerschein. Eine sorgsam ausbalancierte Komposition aus Licht und Dunkelheit. Man ist dankbar für jeden Lichtschimmer; doch es ist klar, dass die Helligkeit im Dunkel versinkt.

Z"Kunstwerk": Rathaus Stein (Hauptstraße 56). Montags bis freitags 8-12 und montags 14-18 Uhr. Bis 29. Juni.

Verwandte Themen


Keine Kommentare