Familienpaten bringen Entlastung in Stresssituationen

2.11.2018, 13:00 Uhr
Familienpaten bringen Entlastung in Stresssituationen

© Foto: Thomas Scherer

Frau Hummel, wer lässt gerne eine wildfremde Person in seine Familie?

Marina Hummel: Mehr als gedacht. Jede Familie begegnet in ihrem Alltag ganz verschiedenen Herausforderungen. Die Motive, sich einen Paten zu wünschen, sind sehr unterschiedlich: eine Mutter, die alleinerziehend ist, ein Krankheitsfall in der Familie, Mehrlingskinder oder Trennung der Eltern. Oft sind es Familien, die keine Großeltern oder Tanten und Onkel in der Nähe haben. Familienpatinnen und- paten haben hier eine wichtige Entlastungsfunktion

 

Kommen die Menschen auf Sie zu oder werden Sie von Behörden wie dem Jugendamt eingeschaltet?

Hummel: Die meisten Familien melden sich von sich aus. Manchmal werden sie von Institutionen wie dem Allgemeinen Sozialdienst auf uns aufmerksam gemacht. Wir prüfen dann, ob eine Familienpatenschaft in Frage kommt oder andere Hilfe nötig ist.

 

Wie viele Familien betreut das Netzwerk im Landkreis?

Hummel: Aktuell unterstützen unsere Patinnen zehn Familien. Wir erhalten häufig Anfragen von Interessierten, daher suchen wir immer wieder neue Paten und Patinnen

 

Frau Behsler, Sie haben sich 2015 entschlossen, als Ehrenamtliche mitzumachen. Was waren Ihre Motive?

Ruth Behsler: Meine eigene Tochter war aus dem Haus. Ich war nicht berufstätig und hatte Zeit, da habe ich 2015 den Aufruf gelesen, als Familienpatin aktiv zu werden. Das wäre was für mich, dachte ich.

 

Aber gleich ging es nicht los?

Behsler: Nein, zuerst bietet das Netzwerk als Vorbereitung einen dreiteiligen Kurs an.

 

Was lernen die Paten Neues?

Hummel: Da geht es um Formen der Familie, um die Phasen der Patenschaft, aber auch um Themen wie Nähe und Grenzen. Es gibt viel Raum für Diskussion und Selbstreflexion. Interessierte können prüfen, ob das Projekt für sie das richtige ist. Jeder Teilnehmer bekommt am Schluss ein Zertifikat, das bayernweit gültig ist.

 

Ist es schwierig, sich nicht einzumischen in das Familienleben?

Behsler: Es kann schon sein, dass man sich denkt: "Das würde ich aber anders machen". Aber hier muss man sich als Pate zurückhalten und Respekt vor der Familie haben.

Hummel: Auf keinen Fall soll der Familienpate Dinge sagen wie "Du musst mehr putzen". Sie unterstützen, aber mischen sich nicht ein. Das kann herausfordernd sein. Aber die Patinnen sind während des Einsatzes nicht allein, sondern werden von uns fachlich bei regelmäßigen Treffen begleitet.

 

Vermutlich passt nicht jede Familie zu jedem Paten?

Hummel: Wir verwenden viel Zeit darauf, um herauszufinden, welche Familien zu welchem Paten passt. Von jeder Seite ist es eine freiwillige Entscheidung. Bislang hat es nur ganz wenige Abbrüche gegeben.

Behsler: Nach dem ersten Kennenlerntreff konnte ich mich für oder gegen die Familien entscheiden. Ich habe immer nur eine Nacht gebraucht, um Ja zu sagen.

 

Sie betreuen aktuell sogar zwei Familien mit mehreren Kindern. Wie viel Aufwand bedeutet das für Sie?

Behsler: Pro Familie bis zu drei Stunden pro Woche. Ich spiele mit den Kindern, lese vor, wir gehen auf den Spielplatz. Ein anderes Mal begleite ich die Mutter zum Kinderarzt, damit sie nicht mit allen Kindern ins Behandlungszimmer muss.

 

Die Patenschaft ist für ein Jahr als Unterstützung angelegt. Ist es schwer aufzuhören?

Behsler: Ich halte noch losen Kontakt mit den Familien. Wenn man erlebt hat, wie die Kinder laufen und sprechen lernen, dann will man natürlich wissen, wie es weitergeht, die Kinder wachsen einem ja ans Herz. Offiziell ist die Patenschaft zwar beendet, aber niemand hat etwas gegen privaten Kontakt.

 

Kontakt: Marina Hummel, Telefon (09 11) 6 00 36 46, E-Mail m.hummel@familienzentrum-zirndorf.de. Die nächsten Kurse beginnen am 10. November.

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