Finster-frohes Fest

23.12.2012, 11:00 Uhr
Finster-frohes Fest

© Hans-Joachim Winckler

Alljährlicher Gipfel des Weihnachtskitsches: Bei der Suche nach den letzten Geschenken quillen in wirklich jedem Kaufhaus die immer gleichen Melodien aus den Lautsprechern. Wo, bitte, bleibt man von „Last Christmas“ verschont? Das fragte sich offenbar auch Gitarrist Rolli Bohnes und arrangierte bekannte Weihnachtslieder neu. Zusammen mit anderen Berufsmusikern aus Regensburg gründete er vor einem Jahr das Projekt „Y-Mas“.

„Das ist Weihnachten 2.0“, sagt Bohnes, befragt zum erklärungsbedürftigen Projektnamen. Ein Konzert, dass er sich selbst gerne anhören würde, wollte der Jazz-Künstler mit seinen sechs Kollegen umsetzen. „So haben Sie Weihnachtslieder noch nie gehört!“, verspricht der Gitarrist zu Beginn. Dann beginnen Piano, Kontrabass und Schlagzeuger Peter Asanger mit dem Rhythmus.

Der Platz vorm Mikrofon ist noch verwaist. Sängerin Christina Reinholz entert erst zum zweiten Stück die Bühne, legt dann aber gleich richtig los. Bei Hoffmann von Fallerslebens Gedicht „Der Honigkuchenmann“ bebt ihre tiefe Stimme. Auch ihr glitzerndes Kleid zieht sofort alle Blicke auf sich, und das ist so ziemlich das einzige, was in der Grünen Halle weihnachtlich funkelt.

An diese Arrangements muss sich das ungeübte Ohr erst gewöhnen. In vielen vertonten Gedichten bedient sich Reinholz des Sprechgesangs, der das weihnachtliche Aroma der Texte bizarr kontrastiert.

Rilke etwa schildert die stade Zeit aus Sicht einer Tanne, die darauf wartet, als Weihnachtsbaum ausgewählt zu werden. Dass danach eine verjazzte Version von „Let it snow!“ folgt, passt ins schillernde Programm von Y-Mas. Michael Straube summt am Kontrabass leise mit.

Schade bleibt, dass die Musiker nie einen richtigen Draht zu den Fürther Zuhörern finden. Im großen Saal verliert sich Szenenapplaus für hervorragende Soli des Pianisten Andreas Osterholt oder der Trompete (Andreas Mederl) meist nach den ersten Tischen.

Oft lassen die gesprochenen Texte auch nicht viel Raum für gemütliche Stimmung, die deutsche Sprache will einfach nicht zu diesen Jazz-Rhythmen passen. Nach der Pause führen die Arrangements zudem immer weiter weg vom fröhlichen Weihnachtsfest. Angelehnt an die ProSieben-Serie „Futurama“, interpretieren Y-Mas „Santa Claus is coming to town“ in einer Gruselvariante. „Man soll sich vor Santa fürchten“, sagt Bohnes. Mit seinem Arrangement hat er das geschafft.

Er lacht wie ein Bösewicht ins Mikrofon, dann kreischt Sängerin Reinholz wie in einem Horrorfilm. Immerhin: viel Applaus. Es folgt erneut ein vertontes Gedicht. Heines „Altes Kaminstück“ setzt die Weihnachts-Katerstimmung, die der zweite Teil des Konzerts verbreitet, fort.

Als dann auch noch „Last Christmas“ in Moll gespielt wird, hat man vollends die Winterdepression. Glücklicherweise gibt es mit John Lennons und Yoko Onos Klassiker „Happy Xmas (War is Over)“ dann doch noch einen Abschluss, der wie ein Licht am Ende des Tunnels wirkt. Jetzt können die Festtage kommen.
 

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