Fitness im Grünen für die Seele

31.7.2015, 21:00 Uhr
Fitness im Grünen für die Seele

© Tim Händel

Die Gaffer sind ausnahmsweise entschuldigt. Zugegeben, es sieht etwas albern aus, wie ein Dutzend Frauen, Männer und einige Kinder zackig auf der Stelle trampeln, mit dem Po wackeln und dann hüpfen, wie von der Tarantel gestochen.

Mitten im Südstadtpark, auf der Wiese vor der Grünen Halle, fallen die Sportler mit ihren lilafarbene Gummimatten auf — auch wenn Fitness im Grünen hier an der Tagesordnung ist. Jogger rennen vorbei, regelmäßig rollt hier der Fußball, am Samstagvormittag trifft sich eine Tai-Chi-Gruppe.

Und nun erlebt eine Gymnastikrunde harte Minuten: „Tabata“ nennt sich die knackige Fitnesseinheit, die alles abverlangt. Es lohnt sich, behauptet jedenfalls der japanische Wissenschaftler Izumi Tabata, Namensgeber des Sports. Wer an seine Belastungsgrenze geht, verbrennt Fett – und hier soll mehr Hüftgold schmelzen als bei anderen Ausdauereinheiten. Das will man hören, und so trampeln alle wieder los.

Liegestütze als Damenvariante

Katharina Weißbarth heißt die Vorturnerin, die seit einigen Wochen jeden Dienstagabend lilafarbene Matten auf die grüne Wiese legt. Sie hat auch Musik, Handtücher und Wasser für alle dabei, ruft Körperteile auf und macht vor, was wir damit anstellen sollen: „Liegestütze“ etwa. Der Zusatz „Damenvariante“ ermutigt, hart genug wird’s trotzdem. Weiter geht es mit Schultern, Armen, Händen, Füßen. Binnen Minuten merkt man gar nicht mehr, wie kühl dieser Abend ist. „Wir werden hier trainieren, bis der erste Frost kommt“, sagt Katharina.

Anfangs lockte die 43-Jährige einige Anwohner an, nun hat sich die Sportstunde herumgesprochen und so startet auch die Reporterin den Selbstversuch und wackelt mit dem Hinterteil. Macht Spaß.

Mittlerweile springen auch die Gaffer, die sich etwa 100 Meter hinter uns zunächst aufs Zuschauen verlegt hatten, abwechselnd aufs rechte und linke Bein, kreisen mit den Armen und beugen sich kopfüber gen Rasen. Nach 30 Minuten „Tabata“ bietet unsere Vorturnerin nun 60 Minuten „Pilates“ an — ein paar neue Teilnehmer warten schon.

„Pilates“, so erklärt die Lehrerin, sei seit Jahren ihre Leidenschaft. Die Muskulatur werde in der Tiefe gestrafft, die innere Haltung entspanne sich. Um das zu erreichen, liegen alle auf der Matte und aktivieren ihr „Powerhaus“. Das meint, den Bauch und den Beckenboden anzuspannen. Gefühlt klebt dann der Nabel an der Wirbelsäule.

„Atmen“, befiehlt sie. Erfunden wurde Pilates übrigens von Josef Pilates, einem deutschen Boxer, der in den 1920er Jahren halb Scotland Yard in Selbstverteidigung unterrichtete. „Atmen“ meint hier, beim Halten einer Übung aus- statt einzuatmen.

Katharina, die Balletterfahrung mitbringt und eine Ausbildung der Aerobic-Akademie absolvierte, verlangt nun, dass unsere Bewegungen harmonisch fließen. Die sanften Übungen sind anstrengender als hyperaktives Power-Aerobic, sehen aber eleganter aus. Eigentlich. Ein paar Jugendliche bleiben stehen. Sie kichern, als trainierten hier windschiefe Vogelscheuchen eine Art Kuschelsport.

Von wegen Schongang, denke ich mir. Die Muskeln brennen. Eine ideale Ertüchtigung für Rücken- und Bürogeplagte. Möglich, dass es Jahre dauert, bis die Übungen präzise sind, vielleicht ein ganzes Leben. Doch hier ist die gute Nachricht: Am nächsten Tag bleibt der Muskelkater aus, die Gymnastikgruppe will jeden Dienstag ab 19 Uhr weitermachen. Und gegen fünf Euro (Tabata) oder neun (Pilates) darf jeder mitmachen.

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