Franken äußerst lukrativ abgeschafft

20.5.2014, 09:50 Uhr
Franken äußerst lukrativ abgeschafft

© Katrin Heim

Der Titel meines nächsten Buches lautet „Franken schafft sich ab“. Es wird umgehend auf den Bestsellerlisten landen, das meistverkaufte Sachbuch seit der Gründung Frankens werden und Probleme thematisieren, die sonst niemand auszusprechen wagt. Darin wird es um Überfremdung gehen und um sozialschmarotzende Ausländer. Ich bin genau der richtige Mann dafür, denn ich weiß, wovon ich spreche.

Franken wird bedroht; von Alt- respektive Oberbayern. Und ich bin einer von ihnen. Da ich einer nationalen Minderheit angehöre, wäre ich in meinem Herkunftsland vermutlich besser aufgehoben. Denn auf dem Papier bin ich immer noch Katholik, was meine Nähe zu katholischen Fundamentalisten beweist.

Vor über zehn Jahren kam ich, wie viele meiner Landsleute, aus einer einbildungsfernen Schicht – beide Opas Arbeiter, Omas Hausfrauen, Vater Beamter, Mutter Bankkauffrau – nach Franken, auf der Suche nach den Segnungen des fränkischen Sozialstaates. Dieser säugte mich jahrelang. Nur so konnte ich in Nürnberg mein Diplom erwerben. Aufgrund meiner Erbfaktoren habe ich in Statistik gänzlich versagt und kann heute noch nicht einmal das Gehalt aus meinem Posten als Vorstandsmitglied der Deutschen Parkbank an der Wöhrder Wiese berechnen. Was aber nicht weiter tragisch ist, da es nach der Veröffentlichung meines Bestsellers eh zu einer einvernehmlichen Amtsentbindung durch die anderen Vorstandsmitglieder kommen wird.

Zwar wohne ich seit über zehn Jahren in Nürnberg, trotzdem bin ich immer noch ein Neigschmeckter. Nicht selten werde ich gefragt, „Sie sin aber ka Nermbercher?“ Wenn ich dann antworte: „Nein, ich komme aus Oberbayern“, folgt meist: „Des hört ma.“ Was kein Wunder ist, da ich in einer Parallelgesellschaft lebe.

Meine Kinder wachsen zweisprachig auf, sie sagen nicht nur „Fregga“, sondern auch „Lausbua“. Die Fregga kommen von meiner Frau, der Lausbua von meinen Eltern, mit denen ich bairisch rede. Zwar ist meine Frau kein oberbayrischer Importpartner, aber ich habe altbayrische Freunde, bei denen dies der Fall ist, was das Problem eindeutig statistisch belegt. Der Lausbua dagegen ist kein Integrationsverweigerer. Er hat sogar den Armleuchter Söder von Ikea im Klo hängen und weiß, dass sich der Nürnberger Trichter nicht zum Komasaufen bei Rock im Park eignet. Meine drei im Weckla sind allerdings immer vegetarisch, was auf meine minderwertigen altbayrischen Gene hindeutet, wie ein fränkischer Freund letztens feststellte. Ja, ich werde die nächsten Wochen und Monate ausschließlich an meinem Bestseller „Franken schafft sich ab“ arbeiten. So kann ich es, obwohl ich Katholik und Oberbayer bin, doch noch zu etwas zu bringen: Zu Moos ohne Ende und dem Einmarsch ins Nürnberger Literaturhaus, das einen als Autor erst wahrnimmt, wenn man den Rubel ins Rollen bringt.

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