Freies Fluten in stimmiger Atmosphäre

3.12.2016, 15:29 Uhr
Freies Fluten in stimmiger Atmosphäre

© Foto: Edgar Pfrogner

Der Maler aus Pfaffenhofen hat an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst unter anderem bei Arno Rink studiert. Neben seiner Kunst betreibt Ruckhäberle einen Verlag und ein Programmkino. Er wird der Neuen Leipziger Schule zugerechnet. Doch von der Melancholie, der Verträumtheit, dem Innehalten, das diese Stilrichtung angeblich ausmacht, ist in Ruckhäberles Arbeiten nichts zu spüren.

Weder befasst er sich mit Untergehendem noch mit Vergangenem. Stattdessen erschafft er dicht komponierte, figurative Szenen mit einem Touch Nostalgie – wobei er Vertrautes und Sonderbares mischt. Er hat menschliche Figuren auf die Leinwand gebracht, die zum Teil plastisch oder holzschnittartig vor dem Betrachter stehen, als wären sie Skulpturen auf einem Podest.

Inspirationen hat er sich aus dem alpenländischen Raum geholt, wenn manch eine Gestalt an Räuchermännchen oder an gedrechselten Hausschmuck erinnert, aber auch aus Afrika, von Fetischen und Masken. Hauptsache, die Protagonisten werden reizvoll hervorgehoben. Das ergibt ein gewissermaßen volkstümliches Element. Das Motto könnte auch „Bühne frei“ lauten, denn Ruckhäberle lässt Akrobaten, Clowns, Trapezflieger und andere Artisten aus der Zirkus-Welt auftreten. Farbenfrohe Harlekine und Hampelmänner haben leicht verrenkte Glieder, mit denen sie an Marionetten erinnern, die frontale Perspektive lässt sie einfach, direkt und sehr lebendig wirken.

Ganz ernst geht es dabei nicht zu, obwohl er seine Helden nie lächerlich macht. Eher hat der Schöpfer zusammen mit ihnen Spaß. Da wird gerne getanzt, etwas vorgeführt, um das Publikum zu unterhalten. Die Körper bewegen sich, machen Gesten und sagen damit etwas aus, auch wenn es oft ihr Geheimnis bleibt, was das ist.

Alles scheint in dieser Welt möglich. Trotzdem herrscht eine gewisse Spannung, ganz so harmlos ist dieses Exponieren nicht. Auftritte bergen ja immer ein gewisses Risiko, auch wenn der Performer sie genießt. Und diese Ambivalenz ist spürbar. Rhythmisch kehren einige Details immer wieder, verweben sich. Einiges löst sich fast kubistisch auf, bis nur noch Augen und Rechtecke übrig sind, anderes verflüssigt sich und strömt dann wellenförmig durch das Bild. Dies lässt eine Tänzerin mit ihren Drehungen verschmelzen. Hier rücken die Hintergründe älterer Ruckhäberle-Arbeiten in den Vordergrund.

Was die wiederholten Details betrifft, wird daraus sogar Wandschmuck. „Ich mag Tapeten, darum mache ich selber welche“, erklärt der Künstler und deutet auf eine grüne Wandbespannung mit Männchen, die jeweils eine Art schwungvolles L unter sich haben. Ein anderes Modell ist rot, blau und türkis, geschmückt mit S-Formen und Punkten. Auch hier hüpft und tanzt alles, nur eben über die ganze Mauer.

Dass Bewegung so ein zentrales Thema für Ruckhäberle ist, mag daran liegen, dass er auch ein Zeichentrickfilmstudium absolvierte. Galeristin Sabine Pillenstein konnte dem 44-jährigen Leipziger die perfekten Räumlichkeiten zur Verfügung stellen, schließlich sind die Säle des Bühlers ohnehin mit Tapeten bespannt. Ambiente und Kunst als Einheit. Und wie ist das nun mit der Neuen Leipziger Schule? „Klar ist das eine Schublade, aber ich habe nun mal dort studiert, ich kenne die Leute, also gehöre ich irgendwie dazu“, sagt Ruckhäberle lächelnd.

Christoph Ruckhäberle, „Disparates“,bis zum 24. Februar im Bühlers, Königswarterstraße 22.

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