Freiwilliges Soziales Jahr als Heimspiel

23.2.2015, 13:00 Uhr
Freiwilliges Soziales Jahr als Heimspiel

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Sport sieht irgendwie anders aus. Sandra Günthert sitzt an einem Computer, der seine besten Tage vermutlich schon seit längerem hinter sich hat. Mitgliederverwaltung, Anfragen beantworten, auch das gehört zu ihrem Freiwilligen Sozialen Jahr, das die Fachabiturientin seit Ende August vergangenen Jahres beim TSV Altenberg absolviert: Büroarbeit ist zwei Mal pro Woche angesagt. Eine gerne genutzte Unterstützung. Tobias Ott, 3. Vorsitzender des 1900 Mitglieder zählenden Vereins, macht daraus gar kein Hehl, aber: „Sandra ist keine Hilfskraft der Verwaltung, das steht nicht im Vordergrund.“

Sondern dann glücklicherweise doch Leichtathletik, Fußball oder Turnen. Handball nicht zu vergessen. Das spielt die 18-Jährige beim TSV übrigens selbst. Und das erfolgreich: In der Landesliga belegt das Team der weiblichen A-Jugend souverän Platz eins. Diverse Kindergruppen in den genannten Sparten betreut die Oberasbacherin im Trainingsbetrieb, entweder gemeinsam mit Übungsleitern oder alleine. Dazu kommen Stunden an der Grundschule Altenberg und am örtlichen Gymnasium im Zuge des Projektes „Sport nach eins“ beziehungsweise einer Kooperation zwischen Schule und Verein. Die Vorgabe, dass die FSJlerin sich in wenigstens 50 Prozent ihrer Arbeitszeit mit Kindern und Jugendlichen beschäftigen soll, wird so locker erfüllt.

Auch Zeit zur Orientierung will das FSJ den Jugendlichen geben, ein Angebot, das Sandra Günthert gerne angenommen hat. Schließlich war da, nach dem Ende der Schule, eine gewisse Unsicherheit. Was denn jetzt tun? Über Freunde stieß sie aufs FSJ und die Möglichkeit, dieses in einem Sportverein zu absolvieren. Beim TSV hat sie quasi ein Heimspiel: Die Mutter ist in der Handballabteilung aktiv, der Vater Fußballer, dazu noch die Großeltern. Auch sie halten sich an der Jahnstraße fit.

Im Verein musste man jedenfalls nicht lange überlegen, sagt Tobias Ott. Zumal die Abfrage in den einzelnen Abteilungen Bedarf signalisierte. Der Gedanke, ein Freiwilliges Soziales Jahr anzubieten, schwirrte ohnehin schon einmal vor ein paar Jahren durch die Köpfe der Vorstände. Doch damals schien den Beteiligten der zusätzliche Aufwand zu groß, der Nutzen zu gering.

Schließlich braucht es einen Verantwortlichen, der als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Ein „Anleiter-Seminar“ hat Tobias Ott bei der Bayerischen Sportjugend (BSJ) extra absolviert. Da musste auch Sandra Günthert vor ihrem Dienstantritt erst einmal drei Wochen ran. Unter anderem einen Übungsleiterschein hat sie bei der Vorbereitung in Erlangen gemacht. „Damit wir sie auf Gruppen loslassen können“, scherzt Ott.

Bestimmte Qualitäten, vom sportlichen Können ganz abgesehen, sollten potenzielle FSJler seiner Ansicht nach schon mitbringen. „Verantwortungsvoll handeln, sicher auftreten“, zählt Ott als wichtige Punkte auf. Mit einer Gruppe von über 20 Sechsjährigen auf dem Sportplatz oder in der Halle muss man schließlich ebenso souverän umgehen können wie mit besorgten Eltern, die sicher sein wollen, dass die junge Frau oder der junge Mann den eigenen Turnfloh nicht vom Barren purzeln lässt.

Außerdem ist in dem einen Jahr auch ein wenig Opferbereitschaft von Nöten: Gearbeitet wird meist nachmittags oder abends. „Die Freizeit schränkt sich ein und auch die eigene Sportart steht hinten an“, sagt Sandra Günthert. Dinge, die 300 Euro Taschengeld im Monat, diese Summe schreiben die FSJ-Bestimmungen vor, nicht unbedingt aufwiegen. Dafür gibt es interessante Erfahrungen querbeet, ob im Sportbetrieb, in der TSV-Bude auf dem Oberasbacher Adventsmarkt oder bei der journalistischen Herausforderung bei der „Buschtrommel“, der vereinseigenen TSV-Zeitschrift.

Viel Arbeit, aber: „Ich hätte“, sagt Sandra Günthert am Ende des Gesprächs, „das auch gemacht, wenn es kein Geld geben würde.“ Im Übrigen: Was der Computer an Flinkheit vermissen lässt, machen die Kinder allemal wieder wett.

Keine Kommentare