Fünf Spundlöcher in der Mitte von nirgendwo

16.10.2011, 19:00 Uhr
Fünf Spundlöcher in der Mitte von nirgendwo

© Kögler

Kurz vor Erscheinen des neuen Modern-Talking-Albums „In the Middle of Nowhere“ — es ist Herbst 1986 — sind Landtagswahlen, und wie schon in den 500 Jahren zuvor fühlt sich die SPD kurz nach 18 Uhr in der Mitte von nirgendwo. Mit hauchdünnem Vorsprung holt der Fürther Kandidat Günter Hefele zwar das Direktmandat, doch insgesamt sind die Ergebnisse für die SPD so erfreulich wie „Cheri, Cheri Lady“ auf der Hundepfeife.

Die FN beschreiben die Stimmung an jenem Abend etwas nahrhafter: „Die sauren Gurken gingen weg wie warme Semmeln.“ Hefele, der Brother Louie der Fürther Sozis, ringt um Fassung, besinnt sich aber gerade noch rechtzeitig auf einen Schönheitstipp von Thomas Anders — die FN: „Hefele wird wohl noch einige Zeit an die Nacht zurückdenken, in der er versuchte, mit einem kleinen Balsam-Stift seinen Lippen die Blässe zu nehmen.“

In Lipgloss badet die Fürther FDP, deren Kandidatin Inge Groß unverdrossen darauf hinweist, dass bei ihnen trotz grauenhafter Zahlen die warmen Semmeln weggehen wie saure Gurken: „Der Appetit braucht uns nicht zu vergehen.“ Deutlich unappetitlicher gerät der Erfolg einer neuen rechtsextremen Partei. Die FN kommentieren ihn so: „Nachdenklich stimmt das Ergebnis, das die auf streng rational getrimmten Republikaner aus dem Stand erreichten.“ Wie bitte? Die Korrektur folgt am Tag danach; es habe natürlich „streng national“ heißen müssen.

Nur zu gern hätte Lothar Kleim Rationalspieler in seinen Reihen. Hat er aber nicht. Erneut bekommt Bayernligist SpVgg eins auf den Deckel. Trainer Kleim kauft ganze Lippenbalsam-Drogeriemarktregale auf, dann sagt er: „Es ist zum Verzweifeln. Ich bin sehr deprimiert.“ Andererseits seien die Verhältnisse in Großhadern, wo das Kleeblatt 0:1 unterlag, „mit dem kleinen Platz irregulär gewesen“, so der Trainer groß hadernd. Andererseits: Auf handtuchgroßen Äckern ist man doch bedeutend früher vorm gegnerischen Tor, oder nicht?

Er hingegen beherrscht meisterlich den Angriff über die Flügel: „Der mobile Maestro“, schreiben die FN über den Stuttgarter Pianisten Heiner Constabel. Heiners Heimat sind Konzertsäle — in diesem Fall in Langenzenn — und die Landstraße, denn der schrullige Virtuose reist stets mit zwei Steinway-Trümmerdingern im Gepäck und entscheidet je nach Laune, welchen seiner Lieblinge er für den abendlichen Auftritt aus dem Truck wuchtet.

Zu alter Wucht zurückgefunden hat der Oberbürgermeister. Uwe Lichtenberg, der in der Vorwoche für einen Eklat sorgte, als er zur Eröffnung der Kärwa das Anzapf-Ritual verweigerte, holt nun medienwirksam das Versäumte nach. Am vorletzten Kärwatag bekennt Lichtenberg im „Schwarzen Kreuz“, dass er vor lauter Bammel nicht den Schlegel geschwungen habe, weil ihm auf der Stadelner Kärwa einige Tage zuvor alles um die Ohren geflogen war — Schaum und Fass. Der Reihe nach jagt er jetzt aber fünfmal kleckerfrei den Zapfhahn ins Spundloch. Drei der Fässer sind übrigens mit Wasser gefüllt, sicher ist sicher. Und in ganz Fürth war der Lippen-Balsam ausverkauft.

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