Fürth: Dachdecker soll Freund erstickt haben

1.3.2017, 19:15 Uhr

Still und unbewegt sitzt der 46-jährige Alexander S. im Saal 600 im Landgericht Nürnberg Fürth. Er hat den Kopf gesenkt, während Polizeibeamte und Spurensicherung vom Tatort berichten. An jenem Tag habe der Angeklagte ebenfalls still und ungerührt gewirkt. Damals habe er sich mit seinem Mitbewohner, mit dem er wohl auch eine lose sexuelle Beziehung hatte, gestritten, wegen einer Banalität. Er habe ihn in den Schwitzkasten genommen, bis dieser bewusstlos zu Boden gegangen sei.

Später sei er nach Weimar zu seiner Mutter gefahren. Als er nachts zurückkam, habe er den 52 Jahre alten Freund leblos vorgefunden und mit einer Herzdruckmassage begonnen – vergeblich. Aus Pietät will er ein Kissen über das Gesicht des Toten gelegt haben. So fanden die Beamten den Mann auch vor. Die Anklageschrift indes geht davon aus, dass er seinen Freund mit dem Kissen erstickte.

Wegen Totschlags steht Alexander S. vor dem Schwurgericht. Zum Prozessbeginn vor einer Woche erzählte er ausführlich aus seinem Leben. Gutachten sollten am Mittwoch Licht in den Tatablauf bringen und den psychischen Zustand des Angeklagten beleuchten. Ein Psychiater hatte bereits angedeutet, dass er an Wahnvorstellungen leiden könnte. Denn Alexander S. berichtet von seltsamen Ereignissen. So erzählt er etwa von Übergriffen in einem Gartenhaus durch prominente Funktionäre des FC Bayern – Paul Breitner, Uli Hoeneß und Franz Beckenbauer. Auch Angela Merkel und Guido Westerwelle will er immer wieder gesehen haben.

Dr. Peter Betz stellte in seinem gerichtsmedizinischen Gutachten eindeutig heraus, dass das Opfer erstickte. Rippenbrüche auf beiden Seiten stützen die These, dass der Angeklagte auf ihm gekniet habe. Die Variante "Schwitzkasten" als Todesursache könne er nicht bestätigen. Das Ersticken jedoch bestritt der Angeklagte.

Experte spricht von paranoider Psychose

Das psychologische Gutachten von Dr. Michael Wörthmüller zeichnete das Bild eines Menschen, der in seinem Leben etliche unschöne Wendungen erlebt habe. Auch Alkoholmissbrauch spielte eine Rolle. Über viele Jahre hinweg habe sich eine paranoide Psychose entwickelt. Die Begegnungen mit Fußballfunktionären oder Politikern etwa seien als wahnhaft einzuordnen. Der Dachdecker sei immer ängstlicher geworden, Einschränkungen auf seine Affektfähigkeit seien die Folge, sodass kleine Konflikte sehr schnell eskalieren können.

Allerdings, so der Sachverständige, sei die Steuerungsfähigkeit dadurch nur eingeschränkt und nicht aufgehoben. In seinen Augen ist von einer Wiederholungsgefahr auszugehen, auch weil der Angeklagte in der Vergangenheit immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt geriet und er in den letzten Jahren kaum noch fähig gewesen sei, sein Leben zu gestalten. Der Gutachter hält daher die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik für nötig. Am Donnerstag wird der Prozess fortgesetzt.

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