Fürth: Erster Schritt zu einer essbaren Stadt

7.4.2016, 06:00 Uhr
Fürth: Erster Schritt zu einer essbaren Stadt

© Foto: Leberzammer

Salbei, Mangold, Erdbeeren oder Salat: Wer möchte, kann seinen Speiseplan demnächst mitten in der Stadt eigenständig und kostenlos aufpeppen. Ein paar Tage wird es zwar noch dauern, doch dann dürften zumindest die ersten Kräuter erntereif sein. Das Motto des Ganzen steht schwarz auf weiß dabei: „Naschen erlaubt! Mitgärtnern erwünscht!“

Der Wunsch nach einem eigenen Garten kann in einer Großstadt nicht jedem erfüllt werden. Das weiß die Initiatorin des Projekts „Essbare Stadt“, Helga Balletta, nur zu genau. Denn sie ist nicht nur VHS-Dozentin, sondern auch Vorsitzende des Interkulturellen Gartens am Rednitzgrund. „Die Flächen sind begrenzt“, bedauert sie, „wir können die Nachfrage gar nicht bedienen.“ Heuer sind dort gerade einmal drei Beete wieder freigeworden – und 30 Bewerber haben sich darum bemüht.

Es wäre schade, wenn die Motivation zum Gärtnern verloren ginge, findet Balletta. Deshalb sind für sie öffentliche Beete eine schöne Alternative. Der Hinterhof der VHS sei als erster Standort die richtige Wahl: „Er ist frei zugänglich, gleichzeitig aber auch ein wenig geschützt. Ein Wasseranschluss ist ebenfalls vorhanden.“ Allerdings könnten die kleine Fläche und der hängende Kräutergarten – praktisch in alten, aufgeschnittenen Plastikflaschen angesät – angesichts der vielen Bewohner von Innen-, Ost- und Südstadt nur ein Anfang sein.

„Hast du schon gesehen? Die Tomaten an der Kirche sind reif. Und der Basilikum am Rathaus.“ So oder so ähnlich dürfen künftig gern die Unterhaltungen der Fürther klingen, wenn es nach Helga Balletta und Alexandra Schwab vom ebenfalls beteiligten Quartiersmanagement des Bund-Länder-Projekts „Soziale Stadt“ geht. „Die Fürther sollen durch die Freude über gemeinsames Gärtnern und Ernten ins Gespräch kommen“, wünscht sich Schwab. Außerdem seien die Beete eine Möglichkeit, Verantwortung für Stadt und Gesellschaft zu übernehmen.

Vorbild sind Städte wie das rheinland-pfälzische Andernach, das mehrfach mit Preisen ausgezeichnet wurde. 2010 fing die 30 000-Einwohner-Stadt an, mancherorts nach dem Motto „Stachelbeeren statt Stiefmütterchen“ von den klassischen Blumenrabatten abzurücken. Was mit Tomaten an der historischen Stadtmauer begann, wurde mit den Jahren zu einem Garten für alle, aus dem man sich zur Erntezeit bedienen kann. Vandalismus sei kein Problem, heißt es aus der Stadt, und es greife auch keiner maßlos zu.

Mehr Natur bis 2018

Oberbürgermeister Thomas Jung zeigte sich beim Start der „essbaren Stadt“ offen dafür, dem Projekt weitere Nischen zu schaffen. Für das „urban gardening“, so der hip klingende Begriff dieser Bewegung, böten sich bestimmt einige Standorte an, sagte Jung. Neben mehr Stadtbäumen und Straßengrün könnten die freien Beete die dritte Säule eines Konzepts für mehr Natur werden, das die Stadt bis zum Jahr 2018 auf den Weg bringen möchte.

Helga Balletta hat die Saat ihrer Idee schon weitergetragen – konkret und im übertragenen Sinn. So sollen demnächst weitere Beete für essbare Pflanzen an der Volksbücherei entstehen. Frei nach dem Motto: Wo Blumen blühen, können auch Salat oder Gemüse wachsen.

Bei ihrem Sohn Felice Balletta, dem Leiter der Volkshochschule, rannte sie mit dem Vorhaben jedenfalls offene Türen ein. „So ein öffentlicher Gemüsegarten entspricht doch unserem Verständnis als Ort der Begegnung und des Austauschs“, sagte Balletta. „Wir wollen die Beete auch ein Stück weit in unsere Kurse tragen.“ Gerade für Sprach- und Integrationskurse eigne sich das gemeinsame Gärtnern besonders. Und wer weiß, vielleicht entdeckt so mancher noch seinen grünen Daumen dabei.

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