Fürth plant ein neues Obdachlosenheim

14.11.2017, 11:00 Uhr
Fürth plant ein neues Obdachlosenheim

© Foto: Iannicelli

Inzwischen ist sich Michaela Vogelreuther, die Leiterin des Sozialamts, sicher: Es führt kein Weg vorbei an einem Neubau. Der Alltag in den bisherigen Räumen – Oststraße 108a, 108b und 112 – ist seit langem nicht nur bedrückend, sondern problematisch.

Zwar ist man – auch dank der Bahnhofsmission – in Fürth grundsätzlich in der Lage, Menschen unterzubringen, die kein Dach über dem Kopf haben. "Niemand muss auf der Straße übernachten", betont Thomas Bergsch, im Sozialamt zuständig fürs Thema Wohnungslosigkeit. Während Männer zunächst in den Räumen der Bahnhofsmission bleiben und dann in die Oststraße wechseln können, gibt es für Frauen direkt in der Oststraße ein Zimmer mit vier Notschlafplätzen. Die blanke Unterbringung also ist gesichert.

In den vergangenen zwei, drei Jahren ist allerdings offensichtlich geworden, dass die Unterkunft nicht mehr geeignet ist für heutige Formen von Wohnungslosigkeit: für einen Mix an Bewohnern, der extrem herausfordernd ist. Für etliche, die hier gelandet sind, ist die Einrichtung nämlich längst keine Übergangslösung mehr, sondern ein Dauer-Quartier. Sie haben kaum Chancen, auf dem umkämpften Wohnungsmarkt das Vertrauen von Vermietern zu gewinnen. Oder schaffen es nicht, ihr Leben so weit im Griff zu haben, dass sie eine normale Wohnung halten könnten.

Strafentlassene, Alkoholiker und Drogensüchtige wohnen hier, außerdem Frauen und Männer mit schweren psychischen Problemen. Für viele von ihnen sei die Oststraße nicht der richtige Ort, sagt Vogelreuther, aber einen anderen haben sie nicht. "Es fehlen Plätze für betreutes Wohnen."

Hinzu kommen – wie in anderen Großstädten – Bewohner aus Südosteuropa, die die Verantwortlichen vor neue Probleme stellen. Fürth erlebte in den vergangenen Jahren eine starke Zuwanderung aus Rumänien und Bulgarien. Während es zwei Dritteln gelingt, schnell Arbeit zu finden, tut sich ein Drittel schwerer. In Deutschland geraten sie oft in prekäre Arbeits- und Wohnsituationen, die ihnen dubiose Vermittler verschaffen. Wer aus der Gastarbeiter-WG fliegt, merkt: Bezahlbarer Wohnraum ist kaum zu finden.

Überblick verloren

Manche Osteuropäer kamen von Anfang an mit dem Plan, in der Obdachlosenunterkunft unterzukommen, sagt Vogelreuther. Dort ging es zunehmend konfliktreicher zu. Dass der Komplex mehrere Eingänge besitzt, wurde zum Problem. Dem Personal entglitt die Kontrolle, wer ein- und ausgeht. Teils schliefen Fremde im Treppenhaus oder in den Duschen. Die Folge: Eine provisorische Pforte wurde für die Häuser 108a und 108b geschaffen, ein Sicherheitsdienst engagiert. Sprachbarrieren erschweren die Kommunikation. Perspektivlosigkeit, Frust und Enge lassen, quer durch die Bewohnergruppen, Aggressionen und Zerstörungswut wachsen. In den vergangenen zwei Jahren registrierte das Personal Sachbeschädigungen in einem nicht gekannten Ausmaß.

Um Herr der Lage zu werden, brauche es andere räumliche Voraussetzungen, sagt Vogelreuther. Die Häuser 108a und 108b ließen sich nicht zufriedenstellend umgestalten, daher hat die Stadt nun ein Grundstück für einen Neubau ins Auge gefasst. Wo sich das befindet, will sie noch nicht sagen. Man sei noch ganz am Anfang mit den Planungen. Auch wie viele Menschen er beherbergen könnte und ob man am erst 2008 errichteten Haus in der Oststraße 112 festhält, sei noch unklar. Vorgesehen ist auf jeden Fall, neben Heimplätzen auch Notschlafplätze anzubieten, für die man sich abends anstellt und die man morgens wieder räumen muss. Das soll helfen, die Konflikte zu reduzieren.

 

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