Fürth schiebt Spielhallen einen Riegel vor

15.9.2010, 11:00 Uhr
Fürth schiebt Spielhallen einen Riegel vor

© Händel

Damit mündet ein längerer Diskussionsprozess auf lokalpolitischer Ebene in einen straffen Kurs, der nicht unumstritten war. Es gilt als offenes Geheimnis, dass die restriktive Haltung, die der kommunale Bauausschuss diesen Freitag absegnen soll, auch in der Stadtspitze kontrovers diskutiert wurde — nicht zuletzt, weil eine in Aussicht stehende Steuer auf Spielgeräte die geplünderte kommunale Kasse entlasten könnte.

Daraus wird nun wohl nichts werden, und Joachim Krauße macht keinen Hehl daraus, dass er dies begrüßt. Es dürfe keinerlei Zusammenhang geben zwischen der Entscheidung für eine Spielhalle und der finanziellen Situation einer Kommune, findet der Baureferent. Ähnlich entschieden hatte sich auch Wirtschaftsreferent Horst Müller frühzeitig positioniert.

Im Regelfall, so Krauße auf Anfrage der FN, soll es bei der Ablehnung bleiben. Das Baureferat beabsichtige allerdings, Bereiche aufzuzeigen, in denen die Vergnügungsstätten im Einzelfall „möglicherweise genehmigungsfähig sein könnten“. Ein Hintertürchen also, das jedoch nur selten geöffnet werden dürfte. Denn machbar sei dies allenfalls in Gewerbegebieten, die in weitem Abstand von Wohnbebauung liegen und in denen keine negativen Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu befürchten sind — wie etwa Imageverlust, Lärm, soziale Konflikte oder aber die Störung des Orts- und Straßenbilds.

Wie Krauße einräumt, wurde die städtische Entscheidungsfindung durch die Fürther Polizei rasant beschleunigt. In einer Stellungnahme hatte deren Chef Roman Fertinger vor den möglichen Folgen weiterer Spielhallen gewarnt. Fertingers Liste der Befürchtungen reicht von Drogenkriminalität im Umfeld bis hin zu Belästigungen für Anwohner.

Nicht zu vergessen die Förderung der Spielsucht, die durch Untersuchungen belegt ist. Ihnen zufolge entstehen pro Automat – rein rechnerisch – 0,89 Spielsüchtige, die wiederum fünf bis sechs Menschen in ihrem persönlichen Umfeld in Mitleidenschaft ziehen.

500 Süchtige

Bricht man diese Erkenntnisse auf Fürth herunter, bedeutet dies angesichts von 18 bereits bestehenden Betrieben mit 522 Spielgeräten: Man kann von rund 500 Süchtigen und bis zu 2800 Betroffenen in deren Umfeld ausgehen. Würden die sieben bei der Stadt vorliegenden Anträge auf neue Amüsierbetriebe genehmigt, kämen weitere rund 230 Automaten hinzu.

Dem wird nun durch Nachbesserungen in den jeweiligen Bebauungsplänen ein Riegel vorgeschoben. Das gilt auch für ein besonders sensibles Objekt in der Kurgartenstraße. Ausgerechnet dort, in direkter Nachbarschaft der Arge für Langzeitsarbeitslose und der universitären Forschungseinrichtungen in der Uferstadt, sollte der größte Betrieb mit rund 1400 Quadratmetern Fläche und allein 120 Geldspielgeräten entstehen. Aus Imagegründen und sozialpolitischen Erwägungen sei das nicht hinnehmbar, so die jetzt einmütige Haltung der Stadt.

Vom Tisch sind durch die rigorose Ablehnung auch Spekulationen, die eine anonyme E-Mail an Stadträte und die FN-Redaktion versucht hatte zu nähren. Darin wurde gemutmaßt, Investoren könnten Einfluss auf städtische Entscheider ausüben, um das Projekt hinter den Kulissen durchzupeitschen. „Völliger Quatsch“, wie Krauße sagt; nie sei anderes als ein Beschluss in öffentlichen Gremien geplant gewesen.

So wenig sich der Baureferent mit derart nebulösen Anfeindungen auseinandersetzen möchte, so sehr reibt er sich an anderer Stelle: Gehörig gegen den Strich geht ihm, dass sich der Gesetzgeber vor einem deutlichen Nein zu Spielhallen drückt. Stattdessen werde das Problem auf die kommunale Ebene verschoben, die mühsam versuchen müsse, es mit städtebaulichem Regelwerk in den Griff zu bekommen. „Soll der Staat doch klar sagen, was er will“, fordert Krauße.