Fürth schwingt sich zu Bayerns Bauboom-Region auf

21.8.2016, 06:00 Uhr
Fürth schwingt sich zu Bayerns Bauboom-Region auf

© Foto: Horst Linke

"Große Flächen sind rar gesät", weiß Thomas Gröne, einer der Vorstände des Bauträgers Schultheiß Wohnbau. Das Unternehmen errichtet auf dem Kavierlein gerade einen weiteren Bauabschnitt mit 90 Wohneinheiten, hat seine Fühler aber längst nach anderen Grundstücken ausgestreckt.

Fündig wurde es erst unlängst - und hat sich ein Areal gesichert, auf dem 60 bis 70 Wohnungen entstehen sollen. Wo in Fürth das sein wird, will Gröne noch nicht verraten, doch der Kauf sei in trockenen Tüchern. Möglich sei dies nur, weil das Unternehmen seit einiger Zeit deutlich mehr in die Flächenakquise investiert. Dafür seien zwei neue Mitarbeiter eingestellt worden.

"Aber auch jeder andere ist angehalten, Augen und Ohren offenzuhalten", sagt er. Ein verwilderter Garten, ungenutzt erscheinende Gebäude – auf all das sollen die Angestellten einen genaueren Blick werfen. Ein Aufwand, der sich lohne, denn "Fürth ist ein hervorragender Standort, der sich toll entwickelt hat", so Gröne.

Von Münchner Verhältnissen ist Fürth weit entfernt

Dass die Grundstückspreise aufgrund der hohen Nachfrage steigen, dagegen lässt sich aus seiner Sicht kaum etwas machen. Entsprechend teurer würden eben die Immobilien. Der Gutachterausschuss bei der Stadt Fürth kann dies mit Zahlen aus 827 Kaufverträgen des ersten Halbjahrs 2016 belegen: Demnach zeichnete besonders beim individuellen Wohnungsbau (+9,5 Prozent), bei umgewandelten ehemaligen Mietwohnungen (+17,5 Prozent) und bei neuen Ein- und Zweifamilienhäusern (+17,2 Prozent) ein starker Zuwachs ab.

Von Verhältnissen wie im Großraum München, wo ein gebrauchtes Ein- oder Zweifamilienhaus im Schnitt 1,5 Millionen Euro kostet, ist Fürth zwar meilenweit entfernt. Doch wie die Süddeutsche Zeitung unlängst berichtete, ist die Kleeblattstadt laut einer Expertise aus dem Innenministerium bayernweiter Spitzenreiter bei der Steigerung: Der Preis für ein gebrauchtes Reihenhaus habe sich innerhalb von fünf Jahren mehr als verdoppelt – von 230 000 Euro im Jahr 2011 auf aktuell 475 000 Euro.

Platz für Uvex wird frei

Auch die LBS, führende Bausparkasse Bayerns, titelte vor kurzem in einer Mitteilung: "Fürth zählt zu Bayerns Bauboom-Regionen." Demnach sind hier vergangenes Jahr 4,8 neue Häuser und Wohnungen je 1000 Einwohner genehmigt worden - deutlich mehr als im bayerischen Schnitt (4,2).

Für den städtischen Wirtschaftsreferent Horst Müller ist zumindest der Bevölkerungszuwachs erfreulich, selbst wenn er sich nicht als "Wachstumsfetischisten" bezeichnen würde. "Aber lieber stehe ich vor solchen Herausforderungen als vor denen mancher Städte in Oberfranken oder der Oberpfalz, die bis 2034 mit einem zweistelligen Minus rechnen müssen", so Müller.

Das Ausweisen neuer Flächen – sei es für Wohn- und Gewerbebau – stehe jedoch vor dem grundlegenden Problem, dass zwischen Beginn der Planung und Baureife in der Regel bis zu zehn Jahre liegen. Insofern freut sich Müller, dass beispielsweise auf dem Ex-Norma-Gelände auf der Hardhöhe Areale sowohl für neue Wohngebäude als auch für die Erweiterung der Firma Uvex frei wurden.

"Der soziale Wohnungsbau war ja praktisch eingestellt"

Dort sind, wie Oberbürgermeister Thomas Jung betont, fast zwei Drittel der für Wohnen vorgesehenen Flächen für sozialen Wohnungsbau reserviert. Eine feste Quote, wie sie andere Städte kennen und die für alle Neubauprojekte einen bestimmten Anteil von gefördertem Wohnraum festschreibt, lehnt Jung indes ab. "Wir möchten einen in die Umgebungen passenden harmonischen Mix", sagt der OB. Und so kann der vorgeschriebene Anteil bezuschussten Wohnraums zwischen Null und 100 Prozent liegen. Möglich sei dies allerdings nur dank der vor drei Jahren wieder aufgenommenen Förderung durch Bund und Freistaat geworden.

"Der soziale Wohnungsbau war ja praktisch eingestellt“, geißelt denn auch Stephan Stadlbauer vom Fürther Sozialforum diese "Versäumnisse der Vergangenheit." Gerade für die schwächsten Glieder der Gesellschaft sei ein solches Instrument notwendig: "Wir haben lange Wartelisten von Menschen, die bezahlbaren Wohnraum brauchen. Doch vieles, was aktuell gebaut wird, entsteht im eher hochpreisigen Bereich." Neue Apartments seien nicht zuletzt wegen des Zuzugs von Migranten dringend nötig. „Vielleicht haben die Flüchtlinge jetzt eine Initialzündung gebracht", hofft Stadlbauer.

Hauptanliegen des Sozialforums in diesem Bereich ist es jedoch, dass der soziale Wohnungsbau in erster Linie von Kommunen sowie Bau- oder Wohngenossenschaften geschultert wird. "Bei privaten Bauträgern ist nämlich zu befürchten, dass sie die günstigen Mieten nur so lange aufrechterhalten, wie die Mietpreisbindung gilt", so Stadlbauer. Im Klartext: Nach einigen Jahren werden die Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelt – und fehlen dann erneut auf dem hiesigen Markt.

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