Fürth vor Mammutaufgabe: 15 Millionen für Bushaltestellen

27.10.2014, 06:00 Uhr
Fürth vor Mammutaufgabe: 15 Millionen für Bushaltestellen

© Ralf Rödel

Mit rund 50.000 Euro schlägt das Nachrüsten einer einzigen Bushaltestelle nach Angaben des städtischen Verkehrsplaners Matthias Bohlinger zu Buche. Von den etwa 400 Stationen im Stadtgebiet sind laut Klaus Dieregsweiler, Chef des Verkehrsbetriebs der infra, bisher nur "zwei Hand voll" vorschriftsmäßig aufgemöbelt worden. Oberbürgermeister Thomas Jung beziffert die anstehenden Kosten auf rund 15 Millionen Euro. Ein Betrag, der jedoch eher zu niedrig angesetzt sein dürfte.

Aus eigener Kraft kann die Stadt nach Ansicht von Jung die Aufgabe nicht stemmen. Der OB sieht den Gesetzgeber in der Pflicht, die Finanzierung sicherzustellen. Die Zuschüsse – von der SPD-Stadtratsfraktion auf rund 800.000 Euro geschätzt – sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Allerdings darf die Stadt auch nicht untätig sein, um sie nicht zu verwirken. Teuer ist der Haltestellenausbau laut Bohlinger, weil nicht nur der Gehsteig auf 16 Zentimeter über Straßenniveau erhöht und mit speziellem Pflaster für Blinde (aufgeraut) und Sehbehinderte (kontrastreich) versehen werden muss, sondern auch die Fahrbahn einschließlich der Brems- und Beschleunigungsstrecke mit einer massiven Betonplatte verstärkt werden muss. Zum Schutz der Busreifen beim millimetergenauen Anfahren des Perrons sind darüber hinaus noch speziell abgerundete Bordsteine mit dem sogenannten Kassler Sonderbord erforderlich.

"Wir können das Ziel nur teilweise erreichen", sagt Bohlinger im Hinblick auf den Stichtag 2022. Man werde schwerpunktmäßig dort mit dem Umbau beginnen, wo ein besonders hohes Fahrgastaufkommen oder viele Hilfsbedürftige, wie im Bereich von Behinderteneinrichtungen und Altenheimen, den effizienten Einsatz der Mittel garantieren. Was daneben getan wird, ist der Ausbau von Haltestellen im Zuge von Generalsanierungen der Innenstadtstraßen.

Behinderte kapitulieren

Bislang ist Busfahren für Menschen mit Behinderung in Fürth recht beschwerlich. Rollstuhlfahrer André Baumgartner hat bereits kapituliert: "Ich verzichte lieber auf den Bus und nehme die U-Bahn. Den Rest schaffe ich aus eigener Kraft", sagt das Mitglied des städtischen Behindertenrats. Allerdings räumt Baumgartner ein, dass nicht alle so sportlich seien. Immer wieder komme es vor, dass Rollstuhlfahrer an Haltestellen nicht mitgenommen werden. Das kann auch Dieregsweiler nicht ausschließen. Wenn kein Platz im Bus mehr frei sei, könne man nur auf den nächsten Bus vertrösten.

Bis auf ein Fahrzeug seien alle 50 infra-Busse inzwischen mit Rollstuhlrampen ausgestattet. Allerdings sind in Fürth noch rund 20 Privatbusse mit abweichender Ausstattung im Einsatz. Bei der infra denkt man daran, Mobilitätsgeschädigten noch mehr Platz einzuräumen.

Der zögerliche Ausbau der Haltestellen bereitet dem infra-Verkehrsbetriebschef zunehmend Sorge. Vor Jahren schon habe man auf den großen Nachholbedarf hingewiesen. Andere Städte hätten mit sukzessiver Nachrüstung wenigstens guten Willen demonstriert. Baumgartner wiederum sieht Handlungsbedarf auch bei der Ausstattung der Haltestellen. Häufig seien die Fahrpläne für Rollstuhlfahrer uneinsehbar aufgehängt.

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