Fürther Hospizverein sucht neue Bleibe

24.3.2018, 21:00 Uhr
Fürther Hospizverein sucht neue Bleibe

© Archivfotos: Hans-Joachim Winckler

Die traurige Nachricht erreichte die Vereinsmitglieder und die Mitarbeiterinnen ohne Vorwarnung: Die vier Hospiz-Appartements im Zirndorfer Helene-Schultheiß-Heim der Arbeiterwohlfahrt werden in naher Zukunft aufgelöst. So stand es in einer Rundmail aus dem Büro des Hospizvereins an die ehrenamtlichen Sterbebegleiter(innen).

Die Station mit vier Betten für schwerstkranke, dem Tod geweihte Patienten muss nach über elf Jahren schließen, weil die Awo sie in dieser Form nicht weiterführen will. Zum einen, so munkeln Insider, fällt es einem solchen Konstrukt mit naturgemäß rasch wechselnder Auslastung schwer, wirtschaftlich zu arbeiten. Während ein normales Heimbett zu 95 Prozent belegt ist, erreicht das Hospiz nur 82 Prozent.

Hinzu kommt, dass der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) bei seiner routinemäßigen jährlichen Kontrolle diesmal auch zwei Hospiz-Appartements unter die Lupe genommen hat, berichtet der kommissarische Awo-Heimleiter Frank Bauer auf Anfrage der FN. Dabei wurde der eine oder andere Mangel entdeckt; keine gravierenden oder gar lebensbedrohliche, sondern relative Kleinigkeiten, wie eine versäumte Rasur oder nicht geschnittene Fingernägel.

Schwerer wiegt für Bauer, der auch Chef des Awo-Kreisverbands Fürth-Land ist, die laute Kritik des MDK an der zu wenig umfangreichen EDV-Dokumentation der Hospiz-Pflege. Hintergrund: Die 136 Heimbewohner — auch die vier Sterbenskranken im Hospiz — schließen Verträge mit der Awo als Betreiberin.

Die Wohlfahrtsorganisation wiederum muss dafür geradestehen, dass ordnungsgemäße 24-stündige Rundumpflege sichergestellt wird, sonst drohen rechtliche Konsequenzen. Alle Bewohner müssen gleich behandelt werden. Dazu gehört eine einheitliche und detaillierte Dokumentation.

"Der Hospizverein leistet sehr gute Arbeit", lobt Awo-Chef Bauer, der dies aus eigener Erfahrung einzuschätzen weiß. "Wir haben uns die Entscheidung, einen Schlussstrich zu ziehen, nicht leicht gemacht. Aber wir haben es heute mit anderen Pflege-Anforderungen zu tun als noch vor Jahren."

Dr. Roland Martin Hanke, der 1. Vorsitzende des Hospizvereins Fürth mit Bürositz im Klinikum, hegt große Zweifel, ob ein derart umfangreiches, EDV-gestütztes Dokumentationssystem der Realität auf einer Hospizstation gerecht werden kann. Es gehe um die Symptome von Sterbenden, deren Zustand vier bis sechs Mal am Tag wechseln kann, deren Lebenserwartung keiner Planung mehr unterliegt und deren durchschnittliche Liegezeit nur noch 21 bis 24 Tage umfasst. Eine Dokumentation, wie sie in einem normalen Heim gepflegt wird, sei hier nicht realistisch.

Nun sucht der Verein in der Region Fürth nach einer Institution oder einem Ort, wo eine ähnliche Konstruktion wie in Zirndorf oder sogar ein vollstationäres Hospizhaus eingerichtet werden kann. Doch: Nach den Plänen der Krankenkassen sind in Stadt und Landkreis Fürth sowie in Teilen des Kreises Neustadt/Aisch-Bad Windsheim nur ganze acht stationäre Hospizplätze genehmigungsfähig, sagt Hanke im Gespräch mit den FN. Für diese Plätze würden die Kosten zu hundert Prozent von den Kassen getragen.

Der Kreis Fürth mit Landrat Matthias Dießl an der Spitze hatte schon vor sechs Jahren allein für seinen Bereich sieben Hospizbetten gefordert. Die kleine Station im Zirndorfer Heim war voll und ganz durch Spendengelder des Hospizvereins getragen worden.

"Selbstherrliches Gebaren"

"Wir arbeiten zum Wohl der Menschen, mit 104 Mitgliedern, 14 Angestellten und vier Honorarärzten", zählt Hanke auf. "Es gibt im Verein keine Streitereien, es gibt vielleicht unterschiedliche Sichtweisen und Positionen, aber keine Richtungsänderungen."

Andere Vereinsmitglieder sehen dies anders. Bei der Jahreshauptversammlung diese Woche trat die gesamte Vorstandschaft — außer Hanke — nicht mehr zur Wahl an, auch die frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Marlene Rupprecht nicht. Auslöser des Rückzugs, so berichten langjährige Mitglieder, sollen Meinungsverschiedenheiten mit Hanke und dessen "selbstherrliches Gebaren" sein.

Der 1. Vorsitzende wird im Gegensatz zu den Ehrenamtlichen als einziger für seine geschäftsführenden und ärztlichen Tätigkeiten bezahlt ("ohne ihn als leitendem Arzt ginge es gar nicht") und soll ein "stattliches Gehalt" beziehen, wie es ein Hospizler formuliert: "Das muss man in Kauf nehmen."

Der Hospizverein ist auch Alleingesellschafter des Palliativ-Care Teams in der Region Fürth, das im Auftrag der Hausärzte und Krankenhäuser jene Menschen in deren eigenem Zuhause betreut, die unter Atemnot, Schmerzen, Wunden oder neurologischen Problemen leiden.

Hanke sei ein "beharrlicher Mann mit vielen guten Eigenschaften, er hat den Verein zu einer anerkannten Institution gemacht", sagen Insider. "Aber umstritten ist der Stil, wie er den Verein führt. Er ist ein Einzelkämpfer, kein Teamplayer. Kooperative Zusammenarbeit mit anderen liegt ihm nicht so. Und diese anderen fühlen sich übergangen, schlecht informiert, ausgegrenzt." Bereits in der Vergangenheit hatte es Verstimmungen bei Vorstandsmitgliedern gegeben, die daraufhin das Handtuch warfen.

Umzug nach Langenzenn?

In der Hauptversammlung des Vereins holte sich Hanke nun Kerstin Mederer als 2. Vorsitzende und den katholischen Dekan André Hermany als 3. Vorsitzenden an die Seite. Eberhard Reiter ist neuer Schatzmeister, Esko Fritz fungiert als Schriftführer.

Um die als derartige Konstruktion bayernweit wohl lange einmaligen stationären Hospiz-Appartements nicht sterben zu lassen, sucht der Verein ein neues Quartier. Im Gespräch war ein Heim in Langenzenn. Unter Dach und Fach ist allerdings noch nichts, berichtet Hanke den FN.

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