"Fürther Resolution" will sich für Flüchtlinge einsetzen

29.9.2014, 10:27 Uhr
Stadt, Kirchen und Wohlfahrtsverbände planen nun eine "Fürther Resolution", um ihren Sorgen und Wünschen zum Wohl der Flüchtlinge mehr Gehör zu verschaffen.

© Ralf Rödel Stadt, Kirchen und Wohlfahrtsverbände planen nun eine "Fürther Resolution", um ihren Sorgen und Wünschen zum Wohl der Flüchtlinge mehr Gehör zu verschaffen.

Via Pressemitteilung entrüstet sich Fürths katholischer Dekan André Hermany: „Die Ehrenamtlichen robben auf dem Zahnfleisch, und die hohe Politik hüllt sich in Sparsamkeit!“ Das gehe nicht an. Hermany kündigte für nächste Woche ein Treffen von Kirchenvertretern, Caritas, Diakonie, Arbeiterwohlfahrt und anderen Hilfsorganisationen an. Ziel ist die Verabschiedung einer „Fürther Resolution“ zur Flüchtlingspolitik, die so deutlich sein soll, dass sie alle Regierungsebenen erreicht. Auch die Stadt Fürth wird, so Sozialreferentin Elisabeth Reichert, mit von der Partie sein.

Der Stadtrat hat sich bereits mit einem Appell an die Staatsregierung und ihre Behörden gewandt. Er forderte neben einer besseren Informationspolitik vier Sozialbetreuer für jene 400 Menschen, die im früheren Möbelhaus Höffner als neuer Dependance der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge untergekommen sind, sowie eine „schnelle und unbürokratische Regelung“ bei der medizinischen Versorgung. Reichert hatte beklagt, Ärzte ohne Kassenzulassung dürften nicht zum Einsatz kommen, was den Kreis potenzieller Helfer einschränke.

München hat jüngst klargestellt, dass es einen Sozialpädagogen für 100 Flüchtlinge geben soll, doch übernimmt der Staat nur 70 Prozent der Kosten. Die Regierung von Mittelfranken erklärte auf FN-Anfrage, eine stabile medizinische Versorgung könne „nicht auf Dauer mit ehrenamtlich tätigen Ärzten - so verdienstvoll ihr Einsatz auch war - gewährleistet werden“. Man biete daher ab Sonntag mit der „Beschäftigung von Ärzten auf Vertragsbasis“ eine „pragmatische Lösung“ an. Was das genau bedeutet, darüber konnte am Freitag auch Fürths Sozialreferentin nur spekulieren. Offiziell wurde die Stadt ihr zufolge nicht über etwaige Neuregelungen in Kenntnis gesetzt, die schon am Wochenende greifen sollen. Eine Bitte der FN um Aufklärung wies die Pressestelle der Ansbacher Bezirksregierung ohne jede Begründung zurück.

© Foto: Ralf Rödel

Zur Beschwerde der Stadt Fürth hingegen, die sich etwa beim Bezug der Kiderlin-Halle von Ansbach im Stich gelassen fühlte, kam ein Kommentar: „Bei allen Unzuträglichkeiten, die bei der Belegung aufgetreten sind oder als solche empfunden werden, konnte den Menschen dadurch in einer schwierigen Situation geholfen werden, auch und gerade durch sehr flexibles Handeln der Stadt Fürth und ehrenamtlicher Helfer.“

Wie sehr sich der Freistaat auf sie stützt, gefällt aber nicht mehr allen Helfern. Auch Erwin Bartsch von der Zirndorfer Asylgruppe St. Rochus bekommt mit, dass Helfer an ihre Grenzen stoßen und sich das Gefühl breitmacht: „Wir müssen ausbaden, was da schief geht.“ Immer wieder hat er Freiwillige zusammengetrommelt, um die Flüchtlinge im Not-Zelt auf dem Bauhof des Landkreises zu betreuen. Sie waren entsetzt, dass Säuglinge ankamen – aber keine Babynahrung, Windeln und Babyschlafsäcke da waren. Die Helfer besorgten das Nötigste selbst.

Augenzeugen wundern sich

Junge Menschen, die bei Hilfsprojekten in Afrika mitangepackt haben, wunderten sich, so Bartsch, dass in Altenberg nicht rund um die Uhr ein medizinischer Ansprechpartner vor Ort ist. „Sie sagten, das Erste, was man in Flüchtlingscamps einrichtet, ist die Krankenpflegestation.“ Bartsch ist froh, dass er einen Sanitäter zu seinen Ehrenamtlichen zählt.

Sozialministerin Emilia Müller sah bei ihrem Besuch im Höffner-Haus auf FN-Nachfrage keine Probleme: Der Sicherheitsdienst sei jederzeit ansprechbar und rufe den Bereitschaftsdienst oder Notarzt; bei Höffner sei zudem das BRK vor Ort; ansonsten hätten die Flüchtlinge freie Arztwahl. Auch dass im Alltag oft ehrenamtliche Helfer oder Flüchtlinge für Flüchtlinge übersetzen müssen, bereitet ihr keine Sorge: „Das kann man doch nutzen.“ Bartsch nennt das „ein Unding“. Er weiß, wie es ist, für Arztbesuche kurzfristig nach Übersetzern zu fahnden.

Konfrontiert mit den Vorwürfen zeigte sich die Regierung von Mittelfranken kürzlich durchaus selbstkritisch: Man bedauere es sehr, „den berechtigten Erwartungen der Asylbewerber nicht gerecht werden zu können“.

Allerdings handle es sich um eine außergewöhnliche Situation, hieß es. Man sei den Helfern sehr dankbar und arbeite selbst „am Limit und darüber hinaus, um die Lage der Asylbewerber zu verbessern“.

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