Gefährden bald Schrottlaster das Trinkwasser?

31.7.2009, 00:00 Uhr
Gefährden bald Schrottlaster das Trinkwasser?

© Hans Winckler

«Die Hälfte des Fürther Trinkwassers kommt von hier», führt Reinhard Scheuerlein, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Fürth-Stadt, beim Lokaltermin auf der zur Diskussion stehenden Wiesenfläche aus. Nebenan auf dem Gelände des Mercedes-Autohauses Graf laufen bereits intensive Bauarbeiten.

Wie Scheuerlein ausführt, gehört die Wiese, wie viele andere vergleichbare Grundstücke, dem Fürther Versorgungsunternehmen infra. Die Fläche wurde bereits in den 80er Jahren von den damaligen Stadtwerken erworben, um den Wasserschutz im benachbarten Bereich Rednitztal zu sichern.

«Skandal erster Ordnung»

«Für den Bund Naturschutz wäre es ein Skandal allererster Ordnung, wenn nun die zum Wasserschutz gekauften Flächen unter der Hand an die Industrie verscherbelt würden und man damit genau die Entwicklung ermöglicht, die mit dem Kauf der Flächen verhindert werden sollte», schimpft Scheuerlein.

Wie der städtische Flächennutzungsplan aus dem Jahr 2005 zeigt, liegt die Wiese in der so genannten engeren Schutzzone des Wasserschutzgebiets Rednitztal. Das heißt, dass der Bau von Park- oder Abstellplätzen sowie Industriebauten hier aus Umweltschutzgründen streng verboten ist. Scheuerlein erinnert zudem daran, dass ein Liter auslaufendes Dieselöl eine Million Liter Trinkwasser bis zur Ungenießbarkeit verschmutzen kann - was in diesem Fall einen Großteil der Fürther Bürger unmittelbar beträfe. Nach Informationen des BN sollen auf der dann asphaltierten Wiese, deren Untergrund sandig und daher für Flüssigkeiten sehr durchlässig ist, keine intakten Neufahrzeuge abgestellt werden, sondern unter anderem Unfall- und Schrottlaster.

Wie dies aussehen kann, lässt sich auf dem Autohausgelände gleich neben der Wiese in Augenschein nehmen: Ein schwer «gecrashter» Laster steht hier, unter dem Motor eine längst übergelaufene Plastikwanne für das heraussickernde Motoröl, das bereits in alle Richtungen über die Betondecke läuft.

infra-Chef Hans Partheimüller erklärt auf Nachfrage, dass in der Angelegenheit noch keine Entscheidung gefallen sei. «Der infra-Aufsichtsrat kommt im September zusammen», kündigt Partheimüller an und verweist darauf, dass das geplante Lkw-Zentrum sehr wichtig für die Arbeitsplatz-Situation und die Standortentwicklung sei, weshalb Oberbürgermeister Thomas Jung und Wirtschaftsreferent Horst Müller auch «voll hinter dem Projekt» stünden.

Es werde in diesem Zusammenhang sogar überlegt, ob die Wasserschutz-Gebietsgrenzen verschoben werden könnten. Zu diesem Zweck wurde nach Partheimüllers Angaben ein Hydrogeologe konsultiert, dessen Expertise im September ebenfalls als Entscheidungsgrundlage herangezogen wird.

Die relativ frisch gepflanzte Baumreihe am Wiesenrand zur Ginsterstraße - eine ökologische Ausgleichsmaßnahme, zu der die Stadt verpflichtet war, weil anderswo Bäume wegfielen - bleibt erhalten, wie Partheimüller sagt.

Schützenhilfe bekommen die besorgten Anwohner, darunter viele Bürger des dörflich geprägten Ortsteils Weikershof, von Stadtratsmitgliedern wie Herbert Schlicht, der sich auch im Landesbund für Vogelschutz engagiert und für die «Vernichtung» besagter Wiesenfläche kein Verständnis mitbringt: «Da kann und darf man nicht unter Verweis auf die Schaffung von Arbeitsplätzen ein öffentliches Interesse konstruieren, hinter dem sich in Wirklichkeit Unternehmer-Kalkül verbirgt», meint Schlicht höchst verärgert. HANS VON DRAMINSKI