Grenzenlos gut: Thilo Wolf Big Band feierte 25 Jahre

26.5.2017, 18:00 Uhr
Grenzenlos gut: Thilo Wolf Big Band feierte 25 Jahre

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Ihre große Zeit hatten Big Bands sicher in den goldenen Zwanzigern in den USA und im Nachkriegsdeutschland. Umso erstaunlicher, dass sich ein junger Fürther Jazzmusiker 1992 von den bayerischen Altmeistern Strasser und Greger die ersten Arrangements auslieh und mit eigenem großen Orchester loslegte. Noch erstaunlicher, dass dieses Multitalent 25 Jahre später seine Band immer noch prima im Geschäft hält. Unter Thilo Wolfs 18 Musikern sind nach wie vor eine Handvoll Gründungsmitglieder an Bord.

Das Geheimnis dieses Langzeit-Erfolgs verriet Wolf auf dieser außergewöhnlichen Geburtstagssause mit der Auswahl seiner Gäste: Guter Jazz kennt keine Berührungsängste. Beweis: Auch auf Victor von Scheffels 150 Jahre altes Frankenlied lässt sich swingen. Zu Beginn hatte Volker Heißmann mit dem Gassenhauer "Man müsste Klavier spielen können" an die erfolgreiche Zusammenarbeit der Comödie mit dem Komponisten und Arrangeur Thilo Wolf erinnert, demnächst neu zu erfahren in "Charleys Tante". Und er bewies, dass er auch einen Sinatra-Hit wie "My Way" anrührend vortragen kann.

Im Mittelpunkt des Abends aber standen herausragende weibliche Stimmen. Bei Duke Ellingtons "It don’t mean a Thing, if it aint’t got that Swing" sang Johanna Iser aus Passau gekonnt gegen fünf Saxofone an. Hier wie auch bei anderen Titeln zeigte sich die Qualität dieser Band: Trotz harten Bläsersounds und lautstarker Passagen drückt das Orchester die einzelnen Gesangsstimmen nicht an die Wand. Tina Lux setzte später ihre glänzende Interpretation von Stevie Wonders "Living for the City" dagegen.

Powerfrauen-Sause

Auch als Vorschau auf den Nürnberger Opernball traten die drei Sängerinnen der String of Pearls — deren Pianistin Béatrice Kahl ist Wolfs Lebenspartnerin — mit der Band auf. Mit einer aufs Geburtstagskind umgeschriebenen Version von Miriam Makebas "Pata Pata" heizten diese Powerfrauen das Publikum so auf, dass niemand sitzen blieb.

Der in Fürth aufgewachsene Sänger und Musiker Richard Kleinmaier bewies, dass man nicht wie Frank Sinatra aussehen muss, um über dessen einschmeichelnde Stimme zu verfügen. Und John Davis, der vor 30 Jahren Frank Farians Fake-Duo Milli Vanilli seine soulige Stimme lieh, zeigte, dass er bis heute ein toller Entertainer mit Charisma ist.

Eine Big Band wie die von Wolf kann sogar einen wilden Alphornbläser wie Matthias Schriefl integrieren. Die Auftritte des Allgäuers mit Horn, Trompete und Quietscheente waren der komische Höhepunkt dieser drei rasanten Konzertstunden. Schriefl intonierte nicht nur wie selbstverständlich die Verwandtschaft von Alpenfolk und Jazz. Er erinnerte mit Johanna Iser auch an den Schlagerdichter Bruno Balz, der es während der Nazizeit schaffte, seine schwulen Botschaften in Liedern wie "Er heißt Waldemar" zu verstecken: "Er hat schwarzes Haar, er ist weder stolz noch kühn, aber ich liebe ihn."

Was der ganze Abend bewies: Thilo Wolf zieht mit seiner flexiblen und technisch perfekten Truppe höchst individuelle Künstlerpersönlichkeiten an und entwickelt mit ihnen passgenaue Arrangements. Dabei bringt sich der Bandleader am Piano (und auch mal am Schlagzeug) voll ein, spielt sich aber nie in den Vordergrund. Und falls Wolf in 25 Jahren kürzer treten will: Sohn Tim (17) zeigte schon mal an den Drums, dass auch ihm der BigBand-Sound im Blut liegt.

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