Günther Koch: Rasender Reporter in alter Frische

23.8.2016, 11:00 Uhr
FCN-Aufsichtsrat-Mitglied Günther Koch hat dem Fürther Rundfunkmuseum einen Besuch abgestattet.

© dpa FCN-Aufsichtsrat-Mitglied Günther Koch hat dem Fürther Rundfunkmuseum einen Besuch abgestattet.

Museumsleiter Danny Könnicke hatte nicht geglaubt, an einem sommerlichen Freitagabend mit alten Radiomitschnitten einen Saal voll zu bekommen. Aber Günther Koch ist auch mit 74 Jahren noch ein Starmoderator, der keinen Stichwortgeber braucht. Höchstens einen noch fixeren Techniker, der Koch die Einspielungen so schnell auflegt, wie dieser die Themen wechselt.

Wir lauschen der historischen Rundfunkaufnahme, in der Koch mit seiner emotionalen Stimmgewalt eine Club-Niederlage noch durch seine mahnenden Worte abwenden zu können glaubt. Und parallel kommentiert der heutige Günther Koch seine damalige Reportage, findet in 30 Sekunden drei Fehler, weiß noch die Torschützen und die Ergebnisse der parallel ausgetragenen anderen Bundesligaspiele.

Richtig, Bundesliga, es war einmal. Der ganze Abend ist eine akustische Nostalgiereise. Die wirkt für heutige Fußballfans, von vielfachen Kameraperspektiven auf Großbild-Fernsehgeräten verwöhnt, wohl wie die erste Funkverbindung über den Atlantik.

Aber als die Fans "zuhause an den Rundfunkgeräten" sich die Spielzüge, die Fouls und die Torchancen noch im Kopf ausmalen mussten, war ein fantastischer Erzähler wie der gelernte Realschullehrer Koch eben gefragt: Stimme rauf, Stimme runter, Kunstpausen, Kunstwörter, Juchzer, Schluchzer, Schreien, Stöhnen. Kochs Performance im Museum beweist, dass er das immer noch drauf hat.

Bei einem Auslandsjahr in Großbritannien hörte er sich in die Sportreportagen der BBC ein. Rundfunkstars wie Sammy Drechsel und Günther Klose waren seine Vorbilder. Aber als er Mitte der 70er Jahre als Radiohörer mit manchem Reporter unzufrieden war, schrieb er dem Bayerischen Rundfunk, dass er das wohl besser könne. "Heute im Stadion"-Leiter Fritz Hausmann ließ den Nürnberger Lehrer mit dem gesunden Selbstbewusstsein probehalber antreten – und wurde später Kochs Mentor.

Atomare Aufrüstung

Nach zehn Jahren war der eigene Stil von Günther Koch berühmt, sogar die ZEIT widmete dem "Nürnberger Gefühl" eine ganze Seite. Ab da hatte er, obwohl immer nur freier Mitarbeiter, fast alle Freiheiten. Die Spiel-Nachbetrachtung nutzte Koch 1983 bei einem politisch engagierten Fußballer schon mal zum Live-Gespräch über die atomare Aufrüstung in Deutschland.

Der BR-Moderator distanzierte sich von den Aussagen zwar gleich hinterher, aber der Polit-Talk war da längst live über den Äther. Auch freche Bemerkungen über die CSU ließ man dem SPD-Fan Koch durchgehen. Er war einfach zu gut, um rauszufliegen.

Klare Kante zeigt der Sportfanatiker bis heute, wenn es um Fehlentwicklungen im Leistungssport geht. Schon 1992 schlug er in einer Kolumne vor, Doping bei den Olympischen Spielen freizugeben, weil das ganze sowieso nur noch ein Zirkus sei.

Die Zerstückelung des Bundesliga-Samstags zugunsten teurer Fernsehrechte hält er für "das Ende vom Fußball". Bei diesem "blanken Kommerz" würde er heute wohl nicht mehr in eine Sportreporter-Karriere einsteigen wollen. Die Rückkehr von Uli Hoeneß an die Spitze des FC Bayern München bewertet das Club-Aufsichtsratsmitglied Koch diplomatisch als "sehr überraschend".

Günther Koch: Rasender Reporter in alter Frische

© Foto: Grzesiek

Zwischen den Fachsimpeleien gibt es einfach wunderbare Einspieler: Der junge Lothar Matthäus ringt sich im Interview mit Koch ein paar Halbsätze ab. Ministerpräsident Strauß verspricht ihm nach einem Clubspiel im Frankenstadion dessen Sanierung. Und ein junger Radioredakteur namens Günther Jauch begeht den Fehler, Koch live zu fragen, ob er die Technik der Fahrradsteher im Reichelsdorfer Keller genauer erklären könne. Die Ausführungen aus Nürnberg sprengen das Funkformat, so dass Kochs Redefluss mit Musik ausgeblendet wird.

Beim Auftritt im Fürther Museum aber hält sich Koch exakt an die Länge eines Fußballspiels: Nach 90 Minuten ist Abpfiff – dabei könnte er doch noch locker in mehrere Verlängerungen gehen . . .

Die Sonderausstellung "Mikrofon & Stadion. Zum Verhältnis von Sport und Rundfunk" im Rundfunkmuseum, Kurgartenstraße 37, läuft noch bis 28. August.

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