Hickhack ums Steiner Neuwerk

25.8.2017, 13:00 Uhr
Hickhack ums Steiner Neuwerk

© Fotos: Beate Dietz

Seit Jahren haben besorgte Steiner Bürger, Vertreter der Stadtrats-Grünen und des Bundes Naturschutz das Areal im Blick. Sie wundern sich, was auf der Fläche alles möglich ist: das Abholzen von Bäumen, die Erweiterung des Wohnhauses, der Bau eines Stalls. Erst jüngst hat die Untere Naturschutzbehörde beim Landratsamt ihr Einverständnis zur Anlage eines Teichs erklärt. Die FLN-Nachfrage im Landratsamt ergab die schlichte Antwort: Alles ist genehmigt (wir berichteten).

Hickhack ums Steiner Neuwerk

© Beate Dietz

Wie kann das sein? Da gibt es die Wasserschutzgebietsverordnung Neuwerk, die Teiche oder Ställe verbietet. Hierfür ist das Wasserwirtschaftsamt Nürnberg zuständig. Ja, sagt der Sprecher Klaus Winkelmair, es existieren dort zwei Tiefbrunnen, aus denen Trinkwasser für die Bürger der Stadt Stein aus etwa 135 Metern Tiefe gefördert wird. Geschützt werden die Brunnen durch eine mächtige Deckschicht, die kaum durchlässig sei. Dies sei der Grund, erklärt Winkelmair, warum in dem Wasserschutzgebiet auf die Schutzzone II verzichtet werden konnte. Der engeren Fassung um die Brunnen herum folgt gleich die Zone III, in der auch das Neuwerk 4 liegt. Für Zone III gelten weniger strenge Vorschriften. Bei der Genehmigung eines Teichs machte das Wasserwirtschaftsamt dennoch strenge Auflagen.

Überwacht werden sie, wie alle anderen Projekte dort, von der Bauaufsicht des Landratsamtes. Gleichzeitig gilt für das Gelände die Rechtsverordnung des Landkreises Fürth über das Landschaftsschutzgebiet Stein. Hierin findet sich für nahezu alles Ausnahmen, solange es nicht zu "erheblichen Eingriffen in die Natur" kommt. Unter Auflagen, die Natur-, Wasser- und Gesundheitsschutz Rechnung tragen, sind viele Sondergenehmigungen möglich.

In anderen Fällen gab es allerdings keine Ausnahmen. Steiner Bürgern sind Bauanträge bekannt, in denen es beispielsweise um die Überdachung eines Holzlagerplatzes ging, die nicht gestattet wurden.

Wie das Landratsamt ausführt, ist das Gelände Neuwerk 4 schon deshalb anders zu betrachten, weil es bereits vor dem Besitzerwechsel über einen längeren Zeitraum bebaut war. Die immer wieder von Kritikern behauptete deutliche Überschreitung der genehmigten Wohnfläche durch den Umbau des kleinen Häuschens weist das Landratsamt zurück. Das sei überprüft und stimme nicht.

Politiker wundern sich

Dass die Ausnahmeregelungen so großzügig Anwendung finden, darüber rätseln Steins grüner Stadtrat Dietmar Oeder und der grüne Kreissprecher Norbert Schikora. Die Politiker vereinbarten deshalb einen Termin im Landratsamt und sprachen mit Kreisbaumeister Tilman Lohse, der zugleich das Staatliche Bauamt auf Kreisebene repräsentiert. Mit dabei war auch der Leiter des Bauamtes der Stadt Stein, Wolfgang Schaffrien.

Schikora wundert sich, dass es bei dem Gespräch keinerlei fundierte Auskunft gab: "So etwas habe ich noch nicht erlebt." Er hatte erwartet, dass im Verlauf der Unterredung begründet wird, warum auf dem Gelände Neuwerk 4 so viele Ausnahmen vertretbar sind. Dies sei aber nicht geschehen. "Es fehlt die Transparenz", fasst Schikora zusammen.

Im Landratsamt sieht man das völlig anders: Die Informationswünsche seien von Personen gekommen, deren "subjektive Rechte" nicht berührt werden, jedoch ein "laufendes Verwaltungsverfahren" und "die Persönlichkeitsrechte des Bauherren" betreffen. Kurz übersetzt: Das geht euch nichts an. Schikora zeigt sich erstaunt, da jeder andere Bauantrag, und sei es nur eine neue Dachgaube, schließlich öffentlich in kommunalen Gremien behandelt werde.

Letzter Punkt ist die gewerbliche Nutzung des Geländes. 2016 äußerte die Eigentümerin Jutta Heller auf FLN-Nachfrage, das Anwesen solle nur privat genutzt werden. Doch inzwischen bieten sie und ihr Partner, der Steiner Hotelier Siegfried Hochstein, Hotelgästen einen Ausflug zum Neuwerk, von den Besitzern "Landhof" getauft, an. Auf der Internetseite des Hotels werden insbesondere Familien mit Kindern angesprochen: Stockbrot knabbern am Lagerfeuer und Alpaka-Streicheln inklusive. Die Preisliste ist angefügt. Das Neuwerk wird als Erlebnis-Bio-Bauernhof bezeichnet, dessen Produkte den Gästen des Bio-Hotels zugute kommen.

Hochstein ist überzeugt, dass die "besorgten Bürger" eine Minderheit sind, die den Landhof "schlecht darzustellen" beabsichtigen. Von der Mehrheit aber erhalte er positive Resonanz, da zu beobachten sei, wie sorgfältig dort mit den Tieren und dem Anwesen umgangen werde.

Oeder sieht sich hingegen in der kniffligen Lage, von Bürgern auf die Veränderungen auf dem Areal angesprochen zu werden, eine fundierte Auskunft jedoch nicht geben zu können. Geplant ist von grüner Seite, sich nun an die Regierung von Mittelfranken zu wenden. Arno Pfeifenberger, Vorsitzender des Steiner Bundes Naturschutz, wird ganz deutlich: "Es drängt sich der Eindruck auf, dass es im Fall Neuwerk 4 den Verbindungen der Bauherren in die Lokalpolitik geschuldet ist, dass hier mehr erlaubt wird, als es dem Normalbürger gestattet ist."

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