Hitze lass nach: Fürth braucht die Kaltluftbahnen

12.8.2018, 10:00 Uhr
Hitze lass nach: Fürth braucht die Kaltluftbahnen

© Hans-Joachim Winckler

Die Stadt wird von Flüssen förmlich umarmt, und das wirkt sich zunächst einmal positiv aus aufs Fürther Sommerklima. Reinhard Scheuerlein, örtlicher Vorsitzender des Bundes Naturschutz (BN), erklärt: Die großen Talauen von Rednitz, Pegnitz und Regnitz hätten in diesem Zusammenhang zwei wesentliche Funktionen.

Mit ihren Wiesen und Baumbeständen bilden sie zum einen "ein Gegengewicht zu den Steinmassen der Stadt", denn anders als deren Häuser und Pflasterflächen heizen sie sich nicht auf und speichern selbst keine Hitze. Eher im Gegenteil: Weil Pflanzen Wasser verdunsten, entsteht ständig Verdunstungskälte, sinkt die Temperatur um sie herum also automatisch ab.

Zum anderen verbinden die Talauen die Stadt mit der Landschaft außerhalb, wo über Äckern und Wiesen über Nacht Kaltluft entsteht. "Bei Wind verpufft dieser Effekt", erklärt Scheuerlein. "Bei austauscharmen Wetterlagen aber, und die haben wir meist in Hitzeperioden, wandert die Kaltluft zum tiefsten Punkt im Gelände, sie fließt im Talgrund allmählich ab." Es handelt sich also um einen Prozess, der kühle oder kalte Luft der Umgebung hineinbringt in die Stadt und dort die Randbebauung etwa an der Uferpromenade erreicht.

Schon unter klimatologischen Gesichtspunkten ist es Scheuerlein daher wichtig, dass Fürths natürliche Kaltluftleitbahnen Rednitz, Pegnitz und Regnitz unangetastet bleiben. Mit Blick auf die skizzierte grüne Grobgliederung habe die Stadt zwar günstige Voraussetzungen, um Hitzephasen zu trotzen, sagt der BN-Fachmann. In den Kern von Innen- und Südstadt dringen deren positive Einflüsse aber nicht vor. "Man kann das leicht selbst erfahren." Wer am Abend eines heißen Tages aus dem Areal der Fußgängerzone zum Karlsteg oder Pappelsteig radle, spüre den Wechsel der Temperaturzonen am eigenen Leib.

Hitze lass nach: Fürth braucht die Kaltluftbahnen

© Hans-Joachim Winckler

Aus Sicht von Naturschützern stellt sich also die Frage, welche Art Grün gibt es in dicht bebauten Stadtteilen? Welche Baumbestände? Sind sie miteinander verbunden? In der Südstadt macht Scheuerlein mit dem Südstadtpark, der Langhans-Anlage beim Hardenberg-Gymnasium und dem Stresemannplatz den "Ansatz eines Grünzugs" aus. "Das ist aber leider auch der einzige." In der Innenstadt gebe es mit Willy-Brandt-Anlage und Adenaueranlage wichtige, aber eher punktuell grüne Bereiche, die sich ausgleichend aufs Stadtklima auswirken.

Und sonst? Auch wenn er am liebsten noch mehr Bäume in Fürth hätte, beispielsweise am neu gestalteten Helmplatz: Scheuerlein ist froh um jede Straßensanierung, bei der die Stadt Baumpflanzungen einplant, wie etwa in der Pfister- oder Mathildenstraße geschehen. Denn: "Jede Fläche, die nicht Stein oder Metall ist, entlastet bei der Aufheizung." Im Endeffekt sei also jeder einzelne Baum ein kleiner Gegenpol zu den wärmeabstrahlenden "Hitzeinseln", die sich im Lauf einer längeren Hitzeperiode in eng bebauten Stadtteilen bilden. "Allein der Schattenwurf eines Baumes verhindert ja schon die Aufheizung von Fassadenflächen."

Auch begrünte Innenhöfe begrüßt Scheuerlein, wenn tropische Temperaturen im Sommer vor allem älteren Menschen, Säuglingen und Kleinkindern zusetzen. Kletterpflanzen wie Efeu, wilder Wein, Blauregen oder Geißblatt legen sich "wie eine zweite Haut" über Fassaden und wirken so einer Aufheizung der Häuser ebenso entgegen wie begrünte Dächer. Letztere sind aus seiner Sicht neben kühlenden Wasserspielen wie den hoch aufspritzenden Fontänen in der Adenaueranlage oder den – wenn auch kleineren – in der Fußgängerzone geplanten ein wichtiges Mittel zur Regulierung.

Potenzial zwischen den Spitzgiebeldächern im Stadtzentrum sieht der BN-Chef auf dem neuen Ludwig-Erhard-Zentrum und der Neuen Mitte, wo seines Erachtens flächendeckend pflegeleichte Dickblattgewächse wie Fetthenne oder Dachwurz gedeihen sollten. Im Bebauungsplan der Neuen Mitte ist die Dachbegrünung vorgesehen – bisher aber nur auf dem Papier.

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