Hochbetrieb in Hof- und Bioläden

18.1.2011, 13:00 Uhr
Hochbetrieb in Hof- und Bioläden

© Hans-Joachim Winckler

Als sich Hans-Peter Rotter am Samstag nach Geschäftsschluss in seinem Hofladen in Ritzmannshof umgeschaut hat, muss er sich ein bisschen vorgekommen sein wie nach einer Plünderung. „Eier, Schweinefleisch, Bratwürst’ — alles war weg“, sagt der 45-Jährige. „An die tausend Eier“ hätten er und seine Frau verkauft, doppelt so viele wie sonst, und vier ganze Schweine.

Normalerweise bringt Rotter zwei bis drei Schweine zum Schlachthof in Burgfarrnbach, bevor er donnerstags den Laden aufmacht. Wegen des Dioxin-Skandals führte er diesmal ein Tier mehr zur Schlachtbank. Er hatte den richtigen Riecher. Die Kunden rissen ihm das Fleisch gewissermaßen aus der Hand.

Direkt aus dem Nest

Hanne Paulus aus Cadolzburg hat so was noch nicht erlebt. Samstags ist der zwischen Cadolzburg und Ammerndorf gelegene Bauernladen Lindenhof, den die 54-Jährige mit ihrer Tochter Tina (27) betreibt, bis 18 Uhr geöffnet. „Aber Samstagmittag hatten wir kein Stück Fleisch mehr“, sagt die Seniorchefin. „Das gab’s noch nie.“ Auch die Eier gehen weg wie warme Semmeln. Normalerweise verkauft Paulus sie ab Tag fünf, nachdem sie gelegt wurden. Zurzeit bekommt der Kunde seine Eier quasi direkt aus dem Nest.

Im Moment muss sich Hanne Paulus den Mund fusslig reden. „Ich erklär’ den Leuten am Tag 30-mal, wo unsere Eier her sind und was die Hühner zu fressen kriegen.“ Dass also die Eier vom Hof kommen, dass die Familie 400 Hühner in drei Ställen hält, und dass die Hühner Körnerschrot fressen, Weizen, Gerste und Körnermais aus eigenem Anbau plus Mineralstoffe und Vitamine, die der Betrieb über den Landhandel bezieht.

„In unseren Eiern ist definitiv kein Dioxin drin“, erklärt Hanne Paulus, und das gelte auch fürs Fleisch. Die Familie kauft es seit Jahren bei einem Bauern in Külbingen bei Ansbach, der laut Paulus ebenfalls ausschließlich Futter aus eigener Herstellung verwendet. Hans-Peter Rotter kauft seine Eier in zweiter Generation wöchentlich beim Geflügelhof Zeilinger nahe Markt Erlbach, Schweine hält er selber.

Gedämpfte Kartoffeln

„Ich mäste sie langsam“, betont der Landwirt. „Meine Tiere kriegen jeden Tag eine warme Mahlzeit, und zwar vor allem frisch gedämpfte Kartoffeln.“ Dazu komme Getreide vom eigenen Feld und Rapsschrot oder Sojabohnen aus bayerischen Betrieben. Auf die Geschäftsbeziehung zu seinem Eier-Lieferanten schwört der Ritzmannshofer. „Dort passt alles“, sagt er. „Der baut sein ganzes Futter selber an.“ Als Stammkunde bei Zeilinger muss Rotter in diesen Tagen nicht einmal mit Lücken beim Eier-Nachschub rechnen.

Versorgungsengpässe gab es unterdessen bei der Naturkostkette Ebl. Laut Firmeninhaber Gerhard Bickel hatte der Dioxin-Skandal zur Folge, dass viel mehr Menschen als sonst in seine Märkte strömten und noch immer strömen und dass sie dabei nicht nur mehr Eier kauf(t)en, sondern auch alles andere „bis hin zu Himalaya-Salz und Rosengesichtscreme“.

Wieder Eier bei Ebl

Bickel versichert, dass es ab Mittwoch wieder Eier in seinen Läden gibt, auch in Fürth, Zirndorf und Oberasbach. Die Eier stammten von drei Biohöfen in der Region, die nach den Richtlinien deutscher Anbauverbände wie Demeter und Bioland produzieren. Das Fleisch komme im Umkreis von 100 bis 150 Kilometern aus Biobetrieben, „von denen keiner mit dioxinhaltigen Futtermitteln hantiert“. Wie Rotter und Paulus hofft Bickel, dass der jüngste Skandal einige Verbraucher dazu bringt, langfristig dort einzukaufen, wo „Transparenz das Geschäftsprinzip ist“.